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Gutachten zu Flüchtlingskosten stärkt rheinland-pfälzische Kommunen

Die rheinland-pfälzischen Kommunalverbände sehen sich durch ein von ihnen beauftragtes Gutachten darin bestätigt, dass das Land ihnen sämtliche Kosten für die Flüchtlingsaufnahme erstatten muss. An die Stelle der bisherigen Pauschalen müsse ein auskömmlicher Betrag treten, der von der jeweiligen Anzahl aufgenommener Menschen abhänge, sagte Andreas Göbel, Geschäftsführender Direktor des Landkreistags, am Donnerstag bei der Vorstellung des Papiers in Mainz. Die kommunalen Spitzenverbände hofften auf schnelle Verhandlungen mit dem Land zur Neuordnung der Flüchtlingskosten, denn die bisherige Praxis stoße an ihre Grenzen.

Überall in Rheinland-Pfalz fehle es an Wohnraum für die Neuankömmlinge, auch, weil die im Zuge der Flüchtlingskrise zwischen 2015 und 2017 entstandene Lage bis heute nicht bewältigt worden sei. Zugleich explodierten die Kosten. „Eine dezentrale Verteilung ist nicht mehr aufrechtzuerhalten“, sagte Göbel. Dies könne an manchen Orten vermehrt zu Konflikten mit der Wohnbevölkerung führen. Das Land habe zwar die Weiterverteilung aus den Erstaufnahmeeinrichtungen zuletzt verzögert, um die Kommunen zu entlasten, doch auch diese Methode stoße nun an ihre Grenzen. Die Kommunen seien bereits darüber informiert, dass die Zahl der wöchentlich aufzunehmenden Menschen in den kommenden Monaten von derzeit 250 auf bis zu 400 ansteigen werde.

Das von der Kanzlei „Dombert Rechtsanwälte“ angefertigte Gutachten bestätigt, dass die Kommunen einen Anspruch auf Vollkostenerstattung haben, da sie vom Land zugewiesene Aufgaben in einem Umfang übernehmen, der sich in den vergangenen Jahren grundlegend geändert habe. Das Land hätte regelmäßig prüfen müssen, ob die gezahlten Pauschalen noch auskömmlich seien. Auch weil dies nicht im nötigen Umfang geschehen sei, halten die Gutachter die rheinland-pfälzischen Regelungen zu den Flüchtlingskosten für verfassungswidrig.

Nach Aussage von Lisa Diener, der Geschäftsführenden Direktorin des rheinland-pfälzischen Städtetages, kommen die Regelungen anderer Bundesländer einer Vollkostenübernahme der Flüchtlingskosten deutlich näher. Dies gelte beispielsweise für Mecklenburg-Vorpommern und Bayern. Rheinland-Pfalz zahle eine Pro-Kopf-Pauschale für alle an die Kommunen zugewiesenen Flüchtlinge für die Dauer ihres Asylverfahrens und eine weitere Pauschale für alle anderen Geflüchteten, unabhängig von deren Anzahl. „Das macht kein anderes Bundesland“, sagte sie. Da die Kommunen in Rheinland-Pfalz ohnehin finanziell schlechter gestellt seien als anderswo in Deutschland, sei das Problem für die rheinland-pfälzischen Städte und Gemeinden noch dringlicher.

Im laufenden Jahr sind nach Angaben des Ministeriums bislang knapp 17.500 Flüchtlinge neu nach Rheinland-Pfalz gelangt. Davon waren rund 9.600 Asylbewerber. Weitere 7.300 Menschen aus der Ukraine müssen kein Asylverfahren durchlaufen und nach der Ankunft in Deutschland nicht zwingend in einer Flüchtlings-Erstaufnahmestelle leben, sie erhalten sofort ein Anrecht auf Sozialleistungen. Im gesamten vergangenen Jahr hatte das Land mehr als 57.000 Flüchtlinge aufgenommen, von denen mehr als 75 Prozent aus der Ukraine stammten.