Nicht nur Gruner + Jahr: RTL baut 1.000 Stellen ab

Rund 700 Stellen von 1.900 Stellen sollen bei Gruner + Jahr wegfallen. Und auch am Standort Köln plant RTL Deutschland einen deutlichen Stellenabbau.

In Sichtweite des Hamburger Michel liegt das Verlagshaus von Gruner + Jahr
In Sichtweite des Hamburger Michel liegt das Verlagshaus von Gruner + JahrImago / Jürgen Ritter

RTL Deutschland plant am Standort Köln und im Segment Zeitschriften um den Tochterverlag Gruner + Jahr in Hamburg den Wegfall von insgesamt rund 1.000 Stellen bis 2025. In Hamburg würden knapp 500 Stellen im Zuge der Einstellung von insgesamt 23 Magazinen abgebaut, außerdem sollen etwa 200 Stellen durch den geplanten Verkauf von Titeln auf neue Eigner übergehen, teilte RTL Deutschland in Köln mit. Wie ein Sprecher dem Evangelischen Pressedienst (epd) auf Anfrage mitteilte, werden zusätzlich am Standort Köln über die nächsten drei Jahre insgesamt 300 Stellen abgebaut.

Das Unternehmen will sich im Bereich Zeitschriften nach eigenen Angaben künftig auf die sogenannten Kernmarken „Stern“, „Geo“, „Capital“, „Stern Crime“, „Brigitte“, „Gala“, „Schöner Wohnen“, „Häuser“, „Couch“, „Geolino“ und „Geolino mini“ sowie – als reine Digitalmarken – „Eltern“ und „Chefkoch“ konzentrieren. Diese Kernmarken machten etwa 70 Prozent der heutigen Publishing-Umsätze aus, erklärte RTL Deutschland. Alle anderen Titel würden verkauft oder eingestellt.

Investitionen in die Kernmarken

„Unser Ziel ist es, die führende Position und publizistische Relevanz von RTL Deutschland weiter zu stärken“, erklärte der Vorsitzende der Geschäftsführung von RTL Deutschland, Thomas Rabe. Er kündigte Investitionen von etwa 80 Millionen Euro bis 2025 zur Weiterentwicklung der Kernmarken an.

Die Pläne bedeuten das Aus für Titel wie „Barbara“, „Brigitte Woman“, „Eltern“, „Geo Saison“, „Geo Wissen“, „Guido“ sowie die „Stern“-Ableger „View“ und „Gesund Leben“.

Über den Verkauf der Beteiligung an der Deutschen Medien-Manufaktur (DMM) sollen laut RTL Deutschland Gespräche mit dem Mitgesellschafter Landwirtschaftsverlag Münster geführt werden. Auch für die Beteiligung an „11 Freunde“ werde ein Verkauf geprüft. Gespräche hierzu seien bislang noch nicht geführt und begännen jetzt, sagte der RTL-Sprecher dem epd.

Gewerkschaft kritisiert „Unfähigkeit“

RTL Deutschland kündigte an, gemeinsam mit den Arbeitnehmervertretungen „sozialverträgliche Lösungen für die betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“ im Zeitschriftensegment zu entwickeln. Insgesamt gibt es hier nach Unternehmensangaben aktuell rund 1.900 Stellen.

Der RTL-Sprecher sagte dem epd, auch der Stellenabbau in Köln werde nach Möglichkeit ohne betriebsbedingte Kündigungen vonstattengehen. „Wir sind zuversichtlich, dass dies durch Alternativen wie Fluktuation und Altersteilzeit gelingt.“

Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) kritisierte die Pläne scharf. „Aus Unfähigkeit, ein profitables und europaweit beachtetes Zeitschriftenhaus in die digitale Transformation zu führen, zerschlägt Bertelsmann nun den Magazinverlag RTL in Hamburg“, erklärte Christoph Schmitz, für den Bereich Medien zuständiges Mitglied im ver.di-Bundesvorstand in Berlin.

Seit Oktober auf dem Prüfstand

Der Bundesvorsitzende des Deutschen Journalisten-Verbandes (DJV), Frank Überall, erklärte in Berlin: „Diese Entscheidung ist durch nichts begründet als durch gewissenlose Profitmaximierung.“ Das sei die Abwicklung des renommierten Medienhauses Gruner + Jahr.

Zum 1. Januar 2022 hatte RTL Deutschland den Zeitschriftenverlag Gruner + Jahr übernommen. Die RTL Group und Gruner + Jahr gehören beide zum Bertelsmann-Konzern. Im vergangenen Oktober hatten Bertelsmann und RTL angekündigt, alle Zeitschriftentitel von Gruner + Jahr auf den Prüfstand zu stellen. In den vergangenen Wochen hatte die Hamburger Belegschaft gegen einen Ausverkauf protestiert.