Grünen-Politikerin Löhrmann neue NRW-Antisemitismusbeauftragte

Überraschender Wechsel: Silvia Löhrmann löst Sabine Leutheusser-Schnarrenberger als Antisemitismusbeauftragte von Nordrhein-Westfalen ab.

Nordrhein-Westfalen hat eine neue Antisemitismusbeauftragte. Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) stellte am Donnerstag die Grünen-Politikerin Silvia Löhrmann (67) als neue Amtsinhaberin vor. Sie folgt am Freitag auf die FDP-Politikerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (73), die überraschend die Aufgabe niederlegte. Die Beauftragte soll vorbeugende Maßnahmen der Antisemitismusbekämpfung initiieren. Sie legt dem Landtag jährlich einen Bericht über ihre Arbeit vor. Zugleich fungiert sie als Ansprechpartner für Betroffene antisemitischer Übergriffe.

Die ehemalige Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger trat im November 2018 als erste Antisemitismusbeauftragte von NRW ihr Amt an. 2022 wurde sie für vier weitere Jahre bestätigt.

Löhrmann war von 2010 bis 2017 Schulministerin in NRW sowie stellvertretende Ministerpräsidentin im rot-grünen Kabinett von Hannelore Kraft (SPD). Als Generalsekretärin des Vereins “1.700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland” koordinierte sie die für das Jahr 2021 geplanten Feierlichkeiten, die sich wegen der Corona-Pandemie bis in das Folgejahr erstreckten.

Wüst dankte Leutheusser-Schnarrenberger für ihren ehrenamtlichen Einsatz als Antisemitismusbeauftragte. “Mit zahlreichen Initiativen, Studien und intensiver Präventionsarbeit hat sie konsequent gemahnt, angeklagt, sensibilisiert und informiert.” Mit Löhrmann sei eine Nachfolgerin gewonnen worden, “die sich seit Jahren für eine lebendige Erinnerungskultur, für die Verständigung zwischen den Religionen sowie die deutsch-israelische Freundschaft engagiert”. Ähnlich äußerte sich die stellvertretende Ministerpräsidentin Mona Neubaur (Grüne).

Leutheusser-Schnarrenberger sprach von “sechs intensiven und bewegenden Jahren”. Der Rückzug falle ihr nicht leicht. Löhrmann dankte für das Vertrauen der Landesregierung. An die hervorragende Aufbauarbeit ihr Vorgängerin könne sie nahtlos anknüpfen – “auch dank eines sehr vertrauensvoll und professionell gestalteten Übergangs”.

Leutheusser-Schnarrenberger legte 2020 den ersten Antisemitismusbericht für NRW vor, der für das Vorjahr landesweit 315 antisemitische Straftaten verzeichnete. Mit dem Schulministerium brachte sie ein Forschungsprojekt zu Antisemitismus im Schulunterricht auf den Weg. Zur Aufhellung des Dunkelfelds initiierte sie eine zentrale Meldestelle, die antisemitische Vorfälle erfasst – auch solche unterhalb der Strafbarkeitsgrenze. Im September dieses Jahres präsentierte sie eine repräsentative Studie, wonach bis zu 24 Prozent der Befragten gefestigte antisemitische Überzeugungen unterschiedlicher Form haben.