Großes Schlachtengemälde: Historienfilm über Napoleon
Historienfilm, der Napoleon Bonapartes Werdegang von der Französischen Revolution bis zu seiner Verbannung nach St. Helena opulent in Szene setzt.
Als der Artillerie-Kommandant Napoleon Bonaparte während der Französischen Revolution sieht, wie die Köpfe rollen, ahnt er bereits, dass er erhobenen Hauptes durch diese schweren Zeiten schreiten wird. Seine korsische Herkunft steht ihm zwar im Weg, doch er hat immerhin einige militärische Erfolge vorzuweisen.
Ein erster Schritt ist das Kommando bei der Wiedereinnahme von Toulon von den Engländern 1793. Es ist die erste Schlacht des Films, die Napoleon als Kämpfenden mitten im Getümmel zeigt. Das Schlachtfeld ist seine Welt. Das Gesicht noch vom Blut der Gegner bespritzt, wird er zum Brigadegeneral befördert. Doch die größten Herausforderungen warten noch auf ihn. Die finden nicht nur auf den Schlachtfeldern, sondern zu Hause zwischen den eigenen vier Wänden statt.
Die großen Schlachtengemälde des Films sind diejenigen, die auch in den Schulbüchern stehen: Austerlitz (1805), der Russlandfeldzug mit dem Einmarsch in das verlassene Moskau (1812) sowie Waterloo (1815). Regisseur Ridley Scott legt es durchaus darauf an, Erwartungen an die historische Genauigkeit des Stoffs wie auch an seine eigene Handschrift als Meister historischer Actionfilme wie „Gladiator“ und „Königreich der Himmel“ zu erfüllen. Die Choreografie der Massen und die Montage des Schlachtgetümmels lassen wenig zu wünschen übrig, auch wenn sie nicht an die Intensität der Kampfszenen in „Gladiator“ heranreichen.
Die Schlacht von Austerlitz, die Napoleon innerhalb weniger Stunden für sich entschied, wird zum Kristallisationspunkt seines militärischen Ruhms und der filmischen Gewaltästhetik. Die Kamera schwelgt in den Bildern der in den zugefrorenen Teichen ertrinkenden russischen und österreichischen Soldaten, nachdem die Eisschicht von den französischen Kanonenkugeln zerschossen worden war. Innenpolitisch scheint Napoleons Macht dadurch gefestigt. Doch die misslingenden Friedensbemühungen und der darauffolgende Feldzug gegen Russland, der im menschenleeren Moskau und dem Tod der französischen Truppen im russischen Winter mündet, drehen das Spiel um die Macht zuungunsten von Napoleon. Die (erste) Verbannung 1814 nach Elba ist die Folge.
Ridley Scott und dem Hauptdarsteller Joaquin Phoenix geht es um das Porträt eines Mannes, der als Feldherr souverän, als Staatsmann aber unsicher ist. Das ist im Historiengenre ein weit verbreitetes Motiv, um den Helden ambivalent erscheinen zu lassen. Scott stellt Napoleon auf einen Sockel, der zwar ins Wanken gerät, aber nie umfällt.
Bedroht fühlt sich der skrupellose Feldherr aber im Privaten. Erste Anzeichen von Schwäche zeigen sich bereits während des Ägypten-Feldzugs, als Napoleon von seinem General erfährt, dass seine Frau einen anderen in ihr Bett lässt. Selbst auf die Gefahr hin, dass man ihm Fahnenflucht vorwerfen könnte, reist er ohne Umschweife zurück nach Paris, wo sich schon die ganze Stadt das Maul über die Affäre zerreißt.
Man könnte meinen, dass sich seine Ehefrau Josephine (Vanessa Kirby) langweile, weil ihr Mann so lange fort ist. Doch sie hat den jungen Mann bereits zuvor kennengelernt und sich unter Napoleons Augen angeregt mit ihm unterhalten. Als Napoleon sie anschließend in ihrem Schlafzimmer brutal vergewaltigt, ist dies auch eine Bestrafung für den Flirt zuvor. Dennoch existiert ein schwer zu verstehendes Band zwischen beiden, das auch dann nicht reißt, als Napoleon die Scheidung durchsetzt, als sie ihm keinen Erben gebiert.
Wie wichtig dieser Handlungsstrang der Ehe mit Josephine ist, zeigt sich auch darin, dass man beide aus den Briefen rezitieren hört, die sie sich während seiner Abwesenheiten schreiben. Sie zeugen von der Sehnsucht Napoleons und davon, dass diese Liebe auch ganz anders hätte gelebt werden können, wenn sein Verlangen nach Macht dem nicht entgegengestanden hätte. Auf diese Weise changiert der Film zwischen spektakulärem Genrekino und leiseren zwischenmenschlichen Tönen, die die Zerrissenheit und Schwäche des Protagonisten zum Ausdruck bringen.