Die Kontrollen an den deutschen Grenzen sind inzwischen zu einem der Hauptthemen für den Polizeibeauftragten des Bundes, Uli Grötsch (SPD), geworden. Das Thema bewege sowohl Reisende, die sich mit Beschwerden an ihn wenden, als auch die Polizeibeschäftigten, heißt es im am Mittwoch von Grötsch in Berlin vorgestellten Tätigkeitsbericht des Beauftragten.
Grötsch hat nach eigenen Angaben mehr als 30 deutsche Grenzkontrollstellen besucht. Dabei sei deutlich geworden, dass die aktuell bis zu 14.000 eingesetzten Beamtinnen und Beamten eine hohe Belastung mit vielen Überstunden und entsprechenden Auswirkungen auf Familie und Beruf schultern müssten.
Sein Bericht bemängelt zudem, dass an einigen Kontrollstellen die Infrastruktur für die Polizisten zu wünschen übrig lässt. Teilweise fehlten Schutz vor Witterungsbedingungen, eine funktionierende Trinkwasserversorgung oder feste Toiletten. Vielerorts seien mobile Toiletten aufgestellt. Das betrachte er als „nicht akzeptabel“, schreibt Grötsch in seinem Bericht.
Die Diskussion um die rechtliche Zulässigkeit von Zurückweisungen Asylsuchender verunsichert Grötsch zufolge Polizistinnen und Polizisten an der Grenze. Er forderte von der Bundesregierung, Klarheit zu schaffen. Es widerspreche seinem Rechtsstaatsverständnis, dass ein Gericht unanfechtbar entscheide, dass die Zurückweisungen in der Weise nicht zulässig seien, und die Exekutive trotzdem dabei bleibe, sagte Grötsch. Für das Zurückweisen von Asylsuchenden müsse ein Weg gefunden werden, ohne gegen Europarecht zu verstoßen. Der Beauftragte forderte eine Abstimmung mit Polen in dieser Frage.
Bei Beschwerden Reisender über die Kontrollen ging es laut Bericht oft um sogenanntes Racial Profiling, also den Vorwurf, dass eine Kontrolle allein aufgrund äußerer Merkmale wie der Hautfarbe erfolgte. Laut Jahresbericht war Racial Profiling bei allen Eingaben, mit denen sich Grötsch beschäftigte, der Schwerpunkt.
Die Antidiskriminierungsbeauftragte des Bundes, Ferda Ataman, und die Integrationsbeauftragte Natalie Pawlik (SPD) sehen in dem Bereich Handlungsbedarf. Man müsse rassistischen Vorfällen entgegenwirken, sagte Pawlik: „Dabei helfen Weiterbildungen, mehr Supervision und reflektierte Kontrollpraxis.“ Ataman forderte, im Zuge der Reform des Bundespolizeigesetzes Maßnahmen zu ergreifen, etwa Kontrollquittungen einzuführen, die Betroffenen den Nachweis rechtswidrigen Verhaltens erleichtern könnten.
Den Polizeibeauftragten erreichten im Berichtszeitraum 1. Juli 2024 bis 30. Juni 2025 1.254 Zuschriften, aus denen sich 267 Eingaben ergaben. Die Mehrheit der Eingaben stammt dabei von Bürgerinnen und Bürgern (71 Prozent). Ein knappes Drittel (29 Prozent) kommt von Beschäftigten der Polizei.
Hinzu kommen Fälle, in denen Grötsch nach Hinweisen oder aus eigener Initiative möglichen strukturellen Mängeln auf den Grund geht. Weitere Themen für den Polizeibeauftragten waren auch die Qualität der Liegenschaften für die Polizei, das Beschaffungswesen und sexuelle Belästigung von Frauen in der Polizei. Gleichzeitig räumte er ein, dass Themen wie sexuelle Belästigung und Frauen in Führungspositionen in der Polizei, die ihm wichtig seien, nicht in der Tiefe bearbeitet werden könnten, wie er es sich wünsche. Seine Stelle mit 18 Beschäftigten sei „im roten Bereich ihrer Belastungsmöglichkeiten“, sagte er.
Grötsch ist seit März 2024 der erste Polizeibeauftragte des Bundes. Er soll als unabhängige Stelle außerhalb der Behörden Hinweisen von Beschäftigten sowie Bürgerinnen und Bürgern auf mögliches Fehlverhalten und strukturelle Missstände bei der Polizei nachgehen.