Homosexuelle Paare dürfen sich in der Evangelischen Landeskirche in Württemberg weiter nicht trauen lassen. Ein Gesetzesentwurf, der unter anderem Gottesdienste für homosexuelle Paare anlässlich einer zivilen Eheschließung künftig „Traugottesdienste“ nennen wollte, verfehlte bei der Abstimmung in der Landessynode knapp die Zweidrittel-Hürde. Damit gilt weiterhin der Kompromiss aus dem Jahr 2019, der von „Segnungsgottesdiensten“ spricht.
Jede der 20 evangelischen Landeskirchen in Deutschland hat die Segnung gleichgeschlechtlicher Ehepaare für sich geregelt. Bei der Mehrzahl sind gleichgeschlechtliche und heterosexuelle Paare inzwischen komplett gleichgestellt: Auch für gleichgeschlechtliche Paare werden dort Traugottesdienste angeboten. Öffentliche Segnungen sind mittlerweile überall möglich. Fast jede Landeskirche sieht vor, dass Gemeinden und Pfarrer nicht dazu gezwungen werden können, gleichgeschlechtlichen Paaren ihren Segen zu geben. Bislang entspricht in 14 Landeskirchen die Segnung einer kirchlichen Trauung und ist damit auch eine Amtshandlung, die in einem Gottesdienst geschieht.
Konservativer Gesprächskreis “Lebendige Gemeinde” gegen Reform
Einen Sonderfall stellt die Evangelische Landeskirche in Württemberg dar. Dort hatte die Synode im März 2019 beschlossen, dass in bis zu einem Viertel der Gemeinden Segnungsgottesdienste nach einer zivilen Eheschließung angeboten werden können. Eine weitergehende Regelung fand in der Synode nun nicht die erforderliche Zweidrittelmehrheit.
Für den Beschluss des Gesetzes hätte es mindestens 60 Ja-Stimmen gebraucht, es gab aber lediglich 56 bei 31 Nein-Stimmen und 2 Enthaltungen. Die Synodalen des theologisch konservativen Gesprächskreises „Lebendige Gemeinde“ hatten bei der Abstimmung zur ersten Lesung alle gegen das Gesetz gestimmt oder sich enthalten. Bei der zweiten Lesung wurde geheim abgestimmt.
Bei der Aussprache zum Gesetzesentwurf sagte Matthias Hanßmann von der „Lebendigen Gemeinde“, es brauche keinen neuen Gesetzesentwurf, da der bereits existierende Kompromiss vorsehe, dass homosexuelle Paare in bestimmten Gemeinden einen Segnungsgottesdienst feiern können. „Wir haben uns bewegt, wir haben einen Kompromiss“, sagte Hanßmann. Laut dem Kompromiss von 2019 entscheiden Kirchengemeinden selbst, ob sie Segnungsgottesdienste für gleichgeschlechtliche Paare anbieten wollen.
Für Synodale des liberalen Gesprächskreises „Offene Kirche“ und andere Kirchenparlamentarier geht diese Regelung nicht weit genug. Sie forderten, die Feiern anlässlich einer bürgerlichen Eheschließung als „Traugottesdienste“ zu bezeichnen und sie damit begrifflich den Trauungen heterosexueller Paare gleichzustellen.
