Gottes Wort auf digitalem Weg

Sie ist die neue Landesjugendpfarrerin in Oldenburg: Anne Gerda Schrader veröffentlicht Gebete auch mal digital – auf dem Instagram-Profil ihres Hundes.

Anne Gerda Schrader
Anne Gerda SchraderPrivat

Oldenburg. Ab dem 1. Oktober ist sie „die Neue“ im Landesjugendpfarramt in Oldenburg: Anne Gerda Schrader tritt die Nachfolge von Pfarrer Sven Evers an, der seit vergangenem Jahr Gemeindepfarrer in der Kirchengemeinde Großen­kneten ist. Als Landesjugendpfarrerin übernimmt Schrader neben der praktischen Jugendarbeit auch die theologische Leitung des Landes­jugendpfarramtes. Die 40-jährige Theologin kommt aus der hannoverschen Landeskirche und vom Binnenland ein gutes Stück näher an die Küste heran – in der Kirchengemeinde Einbeck betreute sie bislang mit je einer halben Stelle die Jugendkirche „marie“ und als Pastorin die Kirchengemeinde.

„Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene in ihren spirituellen und politischen Entwicklungen zu begleiten, ist Kernauftrag meiner jetzigen und hoffentlich auch künftigen Arbeit“, sagt Anne Gerda Schrader. Ihr sei es wichtig, mit jungen Menschen eine zeitgemäße Spiritualität zu leben, die den analogen und digitalen Lebenswelten gerecht werde: „Die Jugendlichen unterscheiden heute meines Erachtens nicht mehr zwischen ‚analoger‘ und ‚digitaler‘ Welt, so wie meine Generation das noch macht. Sie sind mit den digitalen Möglichkeiten aufgewachsen und prägen nun das Zeitalter der Digitalität­. Was ich erst lernen musste: Auch digitales soziales Leben ist ‚in echt‘“, erläutert die Theologin.

Nicht alles umschmeißen

Die Jugendarbeit der Kirche in Oldenburg habe sie bisher nur aus der Ferne betrachtet, so Schrader. „Ich freue mich darauf, in die hier etablierte Jugendarbeit einzutauchen. Vielleicht kann mein Blick von außen etwas zu Veränderungen beitragen.“ Ihr Ziel sei es nicht, alles umzuschmeißen. „Ich möchte kennenlernen, schauen und betrachten und mitmachen. Gemeinsam entwickelt sich dann vielleicht etwas Neues, weil ich neue Impulse einbringen kann“, so Schrader.

Aufgewachsen im Osnabrücker Land

Schrader ist in Gehrde im Osnabrücker Land aufgewachsen, studierte Evangelische Theologie an der Humboldt-Universität zu Berlin und absolvierte ihr Vikariat in der Kirchengemeinde St. Michaelis in Hildesheim. Nach ihrer Ordination 2014 kam sie nach Einbeck.

„Wir fragen uns, was die Jugend­liche den ganzen Abend nur auf dem Handy daddeln. Vielleicht aber führen sie gerade ein Seelsorgegespräch mit einem Freund und tröstet ihn“, sagt Schrader. Über Instagram, Zoom und Co. könne Gemeinschaft gelebt werden, komme Gottes Wort auf digitalem Weg mitten in die Zimmer der Jugendlichen: „Gott schließt sich ja nicht in traditionsreichen Gotteshäusern ein – er ist bereits mitten unter uns.“ Hierin liegt für Schrader die Schnittstelle von Tradition und Moderne – ganz im Sinne des reformatorischen Grundgedankens „ecclesia semper reformanda“, die Kirche muss sich immer wieder selbst erneuern. „Manche scheuen Veränderungen, ich freue mich darauf, die notwendigen Veränderungen mitzugestalten – noch viel mehr, junge Menschen theologisch und politisch so zu stärken, dass sie diese Veränderungen ausarbeiten können.“

Viel Schaden zugefügt

Es sei ihr eine Herzensangelegenheit, die Rechte von Kindern und Jugendlichen gemeinsam mit ihnen außer- und innerkirchlich in verschiedenen Gremien zu vertreten und zu stärken, so Anne Gerda Schrader. „Ich selbst komme aus einer lebendigen kirchlichen Jugendarbeit. Mir wurde Wissen und Erfahrung vermittelt und ein weiter Raum geboten, mich darin auszuprobieren.“ Kinder und Jugendliche müssten als vollwertige Kirchenmitglieder ernst genommen werden. „Dabei ist es wichtig, dass nicht wir uns Angebote einfallen lassen, sondern dass wir schauen, was die Jugendlichen aktuell brauchen, woran sie interessiert sind.“

Und auch dies wird Anne Gerda Schrader ein wichtiges Anliegen ihrer künftigen Arbeit sein: In der Vergangenheit hätten kirchliche Vertreter viel Schaden zugefügt. Dafür will sie ein Bewusstsein zu schaffen und dafür zu sorgen, dass etwas derartiges verhindert wird. „Das beschränkt sich allerdings nicht nur auf die Kirche, sondern betrifft unsere gesamte Gesellschaft. Ich meine, dass Kirche auch in einer immer säkulareren Welt Vorbildfunktion hat und mit gutem Beispiel und ethischer Beratung ihren Platz in der Gesellschaft nutzen soll.“

Die goldene Mitte

Beim Wechsel in die oldenburgische Kirche hätten auch private Interessen eine Rolle gespielt, sagt Schrader. Ihre Familie lebe in Osnabrück und Ostfriesland, die Familie ihres Mannes in Bremerhaven. „Wir ziehen nun quasi in die goldene Mitte.“ Zudem sei sie ein sehr naturverbundener Mensch und liebe lange Spaziergänge mit ihrem Dalmatiner Toni.

Und – um noch einen Moment bei Toni zu bleiben: „Im März 2020 habe ich begonnen, auf dem Instagram-Profil meines Hundes jeden Morgen ein kurzes Gebet zu posten. Das hat sich weiterentwickelt. Mittlerweile habe ich den Account übernommen und zeige Impulse aus meinem Berufsalltag“, berichtet Schrader. Das morgendliche Gebet sei für viele zu einem täglichen Ritual geworden. Daneben gebe es verschiedene andere Formate, über die sich Spiritualität und Seelsorge leben lassen.