Wissenschaftler der Goethe-Universität in Frankfurt am Main sehen eine Gefährdung von einheimischen Tierarten wie Vögeln, Amphibien und Fledermäusen durch Waschbären. „Mit 1,6 bis 2 Millionen Tieren bedrohen die invasiven Räuber massiv heimische Arten“, teilte die Universität am Dienstag in Frankfurt mit. Wissenschaftler der Goethe-Universität und des „Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrums“ fordern deshalb Schutzmaßnahmen und treten Fehlinformationen entgegen. Artenschutz dürfe nicht der Sympathie für „putzige“ oder „possierliche“ Tiere geopfert werden.
Über Auftreten, Ausbreitung, Auswirkungen und den Umgang mit Waschbären werde inzwischen viel berichtet, allerdings nicht immer wissenschaftlich fundiert: „Die öffentliche Wahrnehmung des Waschbären als charismatisches Wildtier wird den regionalen ökologischen Beeinträchtigungen dieser invasiven Art in Deutschland und Europa nicht gerecht“, sagte Sven Klimpel, Leiter des Verbundforschungsprojektes ZOWIAC (Zoonotische und wildtierökologische Auswirkungen invasiver Carnivoren).
„Waschbären sind doch einheimische Tiere“, ist laut Mitteilung einer der Mythen über die aus Nordamerika stammende Art. Auch zur Aussage „sie vermehren sich schneller, wenn man sie bejagt“ gebe es keinerlei geprüfte Daten. In Städten wie Kassel – die Waschbären wurden 1934 knapp 50 Kilometer entfernt am Edersee eingeführt – lebten mittlerweile mehr als 100 Waschbären pro 100 Hektar, „das entspricht etwa einem Waschbär pro Fußballfeld und ist eine der höchsten Raubtierdichten Europas“.
Studien belegen demnach, dass Waschbären gezielt Brutstätten von Amphibien, Reptilien und bodenbrütenden Vögeln aufsuchten. In einer Art „Jagdrausch“ töteten sie oft ganze Gelege, die sie gar nicht verwerten könnten. „Wir dokumentieren einen dramatischen Rückgang sensibler Arten in Gebieten mit hoher Waschbärdichte“, sagte ZOWIAC-Projektleiter Norbert Peter.
Auch die Annahme, Waschbären lebten in einem „Matriarchat“, das durch Jagd gestört werde, habe Konsequenzen, warnt Dorian Dörge, wissenschaftlicher Projektkoordinator: „Sie verhindern notwendige Schutzmaßnahmen und gefährden damit bedrohte heimische Arten.“ Die Wissenschaftler fordern laut Mitteilung Bundesmittel für Managementpläne der Länder, intensive Bejagung in Schutzgebieten mit bedrohten Arten und „faktenbasierte Aufklärung statt emotionaler Narrative“.