“Gibt es Strukturen in der Kirche, die Männer begünstigen?”

Die Frage nach Frauen in Leitungspositionen der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern (ELKB) ist neu entfacht. Einen Tag nach Bekanntgabe des künftigen Regionalbischofs von Oberfranken, Jonas Schiller, übt die Landshuter Dekanin Nina Lubomierski im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd) Kritik an der Entscheidung. „Wir müssen uns fragen, ob es Strukturen in der Kirche gibt, die Männer begünstigen“, sagte die Theologin. In den letzten zehn Jahren seien bei zehn Berufungen stets Männer zum Zuge gekommen. Das könne kein Zufall sein.

Die amtierende Regionalbischöfin von Oberfranken, Dorothea Greiner, geht am 31. Oktober 2024 in den Ruhestand. Am Donnerstag (20.6.) hatte die Landeskirche bekannt gegeben, dass der Dekan im Nürnberger Norden, Jonas Schiller, Greiners Nachfolge antritt. Dann werden im Landeskirchenrat nur noch zwei von 13 Posten mit Frauen besetzt sein. Nina Lubomierski selbst hatte im März 2023 für das Amt des Landesbischofs kandidiert. In der Stichwahl wählten die Synodalen schließlich mit knapper Mehrheit den damaligen Münchner Regionalbischof Christian Kopp ins Amt.

Sie wolle ihre aktuelle Kritik jedoch „sehr ungern“ auf sich selbst beziehen, so die Pfarrerin; es gehe ihr nicht um Personen, sondern um Strukturen. Das Standard-Argument bei Besetzungsverfahren für die Stellen von Oberkirchenräten sei, dass lediglich die Qualifikation der Bewerber und Bewerberinnen entscheide. Sie halte es aber für unwahrscheinlich, dass in den letzten zehn Fällen immer Männer besser gewesen seien. „Und wenn dem wirklich so wäre, müssten wir uns fragen, wie wir Frauen ausbilden und was wir tun können, um Frauen zu fördern“, sagte die Dekanin.

Um mehr Frauen in Leitungspositionen zu bringen, sprach sich Lubomierski für mehr Teilzeit- und Job-Sharing-Angebote aus. Zudem seien transparente Berufungsverfahren nötig, an denen Diversity- oder Gleichstellungsbeauftragte mitwirkten. Ob sich auf die Stelle des Regionalbischofs von Oberfranken Frauen beworben hätten oder nicht, sei mangels Transparenz nicht bekannt. „Letztlich werden wir eine Quote brauchen, wenn wir wirklich Frauen in Leitungspositionen der Kirche sehen wollen“, schlussfolgerte die Theologin.

Auf ihr Instagram-Video hin habe sie zahlreiche Zuschriften von jungen Frauen, Pfarrerinnen oder Studentinnen erhalten, „die sich fragen, ob sie in dieser Kirche richtig sind“. Mit dem aktuellen Kurs würde die Landeskirche den Nachwuchsmangel nicht bekämpfen, sondern noch verstärken, sagte Lubomierski. Viele der Zuschriften hätten sich für ihren Mut bedankt, auf das Thema hinzuweisen. Das gebe ihr zu denken: Dass es offensichtlich Mut erfordere, „in unserer Kirche diese Fakten zu benennen, ist für mich auch Teil des Problems“. (00/1907/21.06.2024)