Gibt es Rezepte für Reichtum, Gesundheit und Glück?
Ein ZDF-Info-Dreiteiler versucht sich an einem verständnisvollen Ansatz, die Erfolge teurer Coaches zu erklären. Das gerät streckenweise arg affirmativ und wenig glaubwürdig.
“Wie wird man reich?” und “Jede und jeder kann es schaffen”, spricht eine junge Frau hoch über dem blauem Meer in der Sonne auf einem Wolkenkratzer. So beginnt “Die Welt der Coaches” (ab 27.11. in ZDF info, schon jetzt in der ZDF-Mediathek). In der ersten von drei 45-minütigen Folgen rund um Ratgeber für alle Lebenslagen geht es um Coaches, die Reichtum versprechen. Dafür ist Rabea Westarp nach Dubai zum deutschen Business-Coach Lukas Lindler geflogen.
Der ist nach eigenen Angaben Selfmade-Millionär und fährt Westarp im Sportwagen-SUV durch die Stadt, die “krass sauber” sei. Und die Leute seien “mega respektvoll”. Zu weiteren Gesprächspartnern gehört der bodenständigere Wiener Gerald Hörhahn, der eine “Investment Punk Academy” leitet und das Vermieten von Wohnimmobilien propagiert. Westarp begegnet ihm zunächst beim “Greater”-Festival in Köln, für das rund 16.000 Zuschauer Tickets zum Nicht-gerade-Spottpreis von 399 Euro erwarben.
Zu sehen sind dann noch allerhand freundliche Begrüßungen und Gespräche an den attraktiven Wirkungsorten der Coaches. Kritik an ihnen und ihren Geschäftsmodellen kommt auch zur Sprache, allerdings weniger beim direkten Kontakt als im nachträglich eingesprochenen Offkommentar. Nach gut einer halben Stunde rückt ein Wissenschaftler die bis dahin wenig hinterfragten Selbstdarstellungen noch ein wenig zurecht. “Die Finanz-Coaches werden erfolgreich, aber nicht die Klienten”, lautet die ernüchternde Botschaft von Michael Stephan von der Universität Marburg. Er ist Initiator der “Marburger Coaching-Studie”, die seit 2009 Transparenz in den undurchsichtigen Coaching-Markt bringen will.
“Wenn Du Reichtum verkaufen willst, musst Du auch nach Reichtum ausschauen”, hat Lindler schon bei der SUV-Fahrt durch Dubai gesagt. Und Gelegenheit, seinen Reichtum nach seinem Gusto vorzuführen, bekommt er reichlich.
Im Off ergänzt Westarp dann zwar noch, dass “viele Zweifel” an Lindlers Geschäftsmodell bestünden, es sei aber auch “unbestritten”, dass Menschen damit “viel Geld verdienen können”. Solch seltsamem Mäandern zwischen Kritik und Konsens, zwischen On und Off lässt sich nicht einmal bescheinigen, dass es zum Weiterdenken anregt.
Etwas überzeugender wirkt Folge zwei “Mach mich glücklich!” – vielleicht weil hier mit ein bisschen mehr Bescheidenheit gecoacht wird. Zu Wort kommen etwa Glücks-Coach Jan Bellermann und die indische Mediationsschulen-Gründerin Sri Preethaji. Außerdem geht es um eine tiefenentspannte Schamanin aus dem Ruhrgebiet und einen Schamanen aus Freiburg, bevor eine “energetische Reinigung” negative Energien aus dem Körper “extrahiert”.
Folge drei “Mach mich gesund” beginnt wiederum am Meer, nun aber an der niederländischen Nordsee. Hier geht es um Coaching-Methoden, die Glück durch bewusstseinserweiternde Substanzen wie etwa “psychoaktive Trüffel” versprechen. Wieder wandelt Westarp auf dem schmalen Grat zwischen freundlichem Verstehenwollen und im Off geäußerter Skepsis und probiert einiges aus: Geistheilung, Handauflegen und eine Wirbelsäulenbegradigung. So etwas helfe nicht einmal gegen Plattfüße, sagt der als Experte hinzugezogene Mediziner Janos Hegedüs. Aber “wärmende Wirkung durch soziale Nähe kann es haben”, entgegnet Westarp.
Womöglich zeigt sich die oft behauptete, etwa in Wahlanalysen konstatierte Spaltung der Gesellschaft auch darin, dass viele Menschen viel Geld und Zeit für solche Coaching-Angebote aufwenden, die in den klassischen Medien kaum vorkommen und erst recht nicht ernst genommen werden. So gesehen ist es ein sympathischer Ansatz, sich diesem Milieu ohne Herablassung zu nähern und mit dem Wunsch, verstehen zu wollen.
Leider zeigt die Serie einige Schwächen: Die Coaches und ihre Selbstdarstellung nehmen zu viel Raum ein. Den Filmemachern, die ausgiebig ins Bild und noch ausgiebiger zu Wort kommen, fehlt dabei die nötige Distanz. Ihr Bestreben, weder Kritik zu verschweigen, noch ihre Gesprächspartner aus der Coaching-Szene zu verärgern und dabei alles zu erklären, führt zu seltsamen verbalen Spagaten. Das wird noch unterstrichen durch formale Details wie das Quatsch-Stilmittel, vermeintlich wichtige Begriffe der jeweiligen Coaches als Textinsert groß im Bild zu zeigen (“Work Smart”, “Mindset”, “Gefühle spüren”).
Überdies zeigt Folge eins mit ihren ostentativ attraktiven Dubai-Bildern, dass in den Produktionen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks weiterhin ziemlich viel Geld steckt. Im Zusammenhang mit der angelaufenen medienpolitischen Debatte über die Spartenkanäle, deren Zahl sinken, deren Profil dafür geschärft werden soll, ist “Die Welt der Coaches” also auch interessant.