Gewerkschaften kritisieren ausufernde Arbeitszeiten auf Seeschiffen

Bei Kontrollen an Bord von Seeschiffen haben Gewerkschaften massive Missstände festgestellt. Das betreffe insbesondere Manipulationen bei der Dokumentation der Arbeitszeiten, teilte die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di am Freitag in Hannover mit. Inspektorenteams von ver.di und der Internationalen Transportarbeiter-Föderation (ITF) haben im Rahmen einer am Montag gestarteten Aktionswoche an Nord- und Ostsee eigenen Angaben zufolge fast 50 Schiffe in acht deutschen Seehäfen aufgesucht und kontrolliert.

Zu den Häfen gehörten Bremen, Bremerhaven, Brake, Wedel, Hamburg, Lübeck, Wismar und Rostock. „Wie wir erwartet haben, wurden bei fast allen Kontrollen Verstöße bei der Aufzeichnung von Arbeitszeiten, Ruhezeiten und Überstunden festgestellt“, sagte ver.di-Gewerkschaftssekretärin Susana Ventura. „Einige Schiffe nahmen überhaupt keine Überstundenaufzeichnungen vor, bei anderen waren die Besatzungen gezwungen, ihre Arbeits- und Ruhezeiten zu manipulieren, um die Flaggen- und internationalen Vorschriften einzuhalten.“

Fast zwei Drittel (64,3 Prozent) der Seeleute hätten angegeben, ihre Arbeits- und Ruhezeiten manipuliert zu haben, um den Anschein der Einhaltung der Vorschriften zu erwecken. „Diese Praktiken sind lebensgefährlich“, warnte Ventura. Die Übermüdung von Seeleuten bedrohe nicht nur ihre Gesundheit, sondern gefährde auch die Sicherheit des Schiffsverkehrs.

Hauptproblem sei die Besatzungsstärke. Bei vielen Schiffen sei festgestellt worden, dass die Crew streng nach der vorgeschriebenen Mindestbesatzung (Minimum Safe Manning) bemessen worden sei. So habe es keine Chance gegeben, die notwendigen und vorgeschriebenen Ruhezeiten einzuhalten, um die anstehenden Aufgaben gesund und sicher zu erfüllen.

Die Gewerkschaften fordern deshalb eine Überarbeitung der internationalen Arbeits- und Besatzungsvorschriften sowie eine verstärkte Überwachung und Durchsetzung der Arbeits- und Ruhezeitvorschriften. Ventura: „Niemand würde an Bord eines Flugzeugs gehen, wenn er oder sie wüsste, dass der Pilot 14 Stunden täglich an sieben Tagen in der Woche arbeitet. Aber in der Seefahrt – von den großen Containerschiffen bis zu den kleinen Feedern, von Tankern bis zu Kreuzfahrtschiffen – ist dies das gängige Arbeitszeitmodell.“