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Langenau: Stadt will Kundgebungen vor Kirche untersagen

Rund um die Martinskirche in Langenau (Baden-Württemberg) sollen keine Kundgebungen oder Versammlungen mehr stattfinden. Hintergrund sind Proteste – und Handgreiflichkeiten gegen den Gemeindepfarrer.

Im Umkreis der Martinskirche sollen keine Kundgebungen oder Versammlungen mehr stattfinden
Im Umkreis der Martinskirche sollen keine Kundgebungen oder Versammlungen mehr stattfindenIMAGO / imagebroker

Nach einer gewalttätigen Auseinandersetzung vor der evangelischen Kirche in Langenau (Baden-Württemberg) wird die Stadtverwaltung noch diese Woche eine Allgemeinverfügung erlassen. Diese beinhalte, dass im Umkreis der Martinskirche keine Kundgebungen und Versammlungen durchgeführt werden dürfen, „um Straftaten zu verhindern“, teilte Bürgermeisterin Daria Henning mit. „Die Neubewertung erfolgt durch die Vorkommnisse des vergangenen Sonntags“, sagte sie. In den vergangenen Monaten sei die Situation wöchentlich bewertet worden.

Seit über eineinhalb Jahren sind Gemeindepfarrer Ralf Sedlak, seine Familie und Gottesdienstbesucher massiven Anfeindungen ausgesetzt. Diese begannen, als der Pfarrer im Oktober 2023 im Gottesdienst den Überfall der Hamas auf Israel erwähnte. Zu den Anfeindungen gehörten wöchentliche Pro-Palästina-Demonstrationen von meistens rund fünf Personen mit Plakaten sowie antisemitische Schmierereien an der Martinskirche. An Silvester 2023 gab den Angaben zufolge ein Unbekannter fünf oder sechs Schüsse mit einer Signalpistole auf Pfarrhaus und Gemeindehaus ab.

Handgreiflichkeiten vor der Martinskirche

Bei der Auseinandersetzung vor Kurzem geht es um Beleidigung und Handgreiflichkeiten. Ersten Erkenntnissen zufolge soll ein 75-jähriger Demonstrant den Pfarrer der Gemeinde verunglimpft und einen 84-Jährigen zu Boden gestoßen haben. Daraufhin ging wohl ein 62-Jähriger den 75-Jährigen körperlich an, wodurch auch dieser stürzte. Dieser zweite Vorgang wurde dann auf einem Video in sozialen Medien verbreitet. Der 75-Jährige gilt als Drahtzieher des Protests gegen die Kirchengemeinde. Die Polizei ermittelt.

Zuletzt hatte der evangelische württembergische Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl die Stadt aufgefordert, eine Allgemeinverfügung zu erlassen, die Demonstrationen vor der Kirche verbiete. „Die Aktivisten wollen die Gemeinde, wollen den Pfarrer und seine Familie zermürben“, hatte er vor Journalisten kritisiert. Der Bischof sprach sich für die Meinungsfreiheit aus, hält es aber für eine unzumutbare Einschränkung der Religionsfreiheit, wenn etwa auch Konfirmations- und Taufgottesdienste von Demonstranten gestört werden. Der Gottesdienst werde laut Teilnehmern zum „Spießrutenlauf“. Einzelne kämen deshalb schon nicht mehr.

Auch Innenminister Thomas Strobl (CDU) hatte sich für eine Allgemeinverfügung durch die Kommune ausgesprochen. Antisemitismus, Schmierereien und die Belästigung des Pfarrers seien „extrem widerlich und verachtenswürdig“, sagte er.