Artikel teilen:

Gesundheitsministerin Warken will Reformen ohne höhere Beiträge

Im Gesundheitssystem muss sich vieles ändern – sagen fast alle. Aber geht das ohne höhere Beiträge? Ja, sagt die neue Ministerin – und setzt vor allem auf eine Idee. Bei der aber auch die Ärzte mitmachen müssen.

Reformen im Gesundheitssystem ohne steigende Beiträge – das hat sich die neue Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) auf die Fahnen geschrieben. Im “heute journal” des ZDF sagte sie am Dienstagabend: “Ich gehe eben nicht mit dem Ansatz heran zu schauen, wo kürze ich oder wo erhöhe ich Beiträge, sondern wo kann ich das Geld zielgerichteter anbringen und mehr Effizienz bekommen und dadurch auch eine gute Versorgung erhalten und die notwendigen Reformen angehen.”

Das vorgestellte Primärarztsystem sei dabei “ein erster Weg”, sagte sie auch in den ARD-“Tagesthemen”. Union und SPD planen, dass Patientinnen und Patienten bei Beschwerden zuerst zum Hausarzt gehen, bevor sie bei Bedarf einen Facharzt aufsuchen. Dies soll das Gesundheitssystem effizienter machen.

Man müsse allerdings gleichzeitig die Hausärzte von Bürokratie und Dokumentationspflichten entlasten und auf Digitalisierung setzen, ergänzte Warken: “Das alles kann dazu führen, dass die Ärztin, der Arzt mehr Zeit am Patienten hat”.

Ausgenommen vom Primärärztemodell seien “der Gynäkologe, der Augenarzt, der Zahnarzt”, fügte sie hinzu. Außerdem gebe der Vorschlag auch eine Garantie für einen Termin beim Facharzt: “Wenn der Facharzttermin in der nötigen Schnelle nicht zur Verfügung gestellt werden kann, springt dann das Krankenhaus ein.” Einen genauen Zeitplan für die Umsetzung könne sie noch nicht nennen. Ein Gesetz solle aber “möglichst schnell” vorgelegt werden.

Am Vormittag hatte die Ministerin schon bei der Eröffnung des Deutschen Ärztetags in Leipzig für ihr Modell geworben und unter anderem gesagt: “Mir ist es wichtig, dass wir das von Beginn an gemeinsam angehen, damit es nicht zu Engpässen kommt. Wir müssen Sorge dafür tragen, dass es keine Irritationen bei Patienten gibt.”

Die im Koalitionsvertrag von Union und SPD formulierte Einführung eines sogenannten verbindlichen Primärarztsystems soll helfen, das überlastete Gesundheitssystem effizienter zu machen. Die Deutsche Stiftung Patientenschutz sieht das Projekt kritisch. Sie befürchtet Nachteile für immobile, alte und pflegebedürftige Menschen.

Der Präsident der Bundesärztekammer und des Deutschen Ärztetages, Klaus Reinhardt, bekräftigte die Unterstützung der Ärzteschaft für das Regierungsprojekt. Allerdings komme es auf die Ausgestaltung an: “Das letzte, was wir wollen, ist ein reines Gatekeeping-System, wie wir es mit allen negativen Auswirkungen aus anderen Ländern kennen: Einschränkung der freien Arztwahl, Verzögerungen beim Zugang zur fachärztlichen Versorgung, zusätzliche Belastungen der Hausärztinnen und Hausärzte.” Kritisch sei etwa eine quasi verordnete schnellere Terminvergabe.

Der Deutsche Ärztetag tagt bis Freitag. Die Mediziner diskutieren über gesundheitspolitische Vorhaben der Regierung. Ein weiterer Schwerpunkt ist der Einsatz Künstlicher Intelligenz (KI) unter medizinischen, wissenschaftlichen und ethischen Gesichtspunkten. Zudem steht das Thema Schwangerschaftsabbrüche auf der Tagesordnung.