Artikel teilen:

Gesangbuch: Singet dem Herrn Lieder – alte und neue

Das neue Gesangbuch ist derzeit in der Erprobung. Ab September können Gemeinden aller Landeskirchen Auszüge der Materialsammlung genau unter die Lupe nehmen, damit­ arbeiten und ihr Feedback geben.

Ab September können Auszüge des neuen Gesangbuches getestet werden
Ab September können Auszüge des neuen Gesangbuches getestet werdenJens Schulze / epd

Singen bereitet Freude und berührt die Seele. „Wer singt, betet doppelt!“, heißt ein geflügeltes Wort, das Augustinus und auch Luther zugeschrieben wird. Im vergangenen Jahr wurde das Jubiläum „500 Jahre Gesangbuch“ gefeiert. Mit einigen wenigen gedruckten Liedern fing es seinerzeit an. Heute gibt es viele Liedsammlungen und es kommen immer mehr Lieder dazu.

Seit 2019 Jahren arbeitet ein engagiertes, rund 80-köpfiges Team aus Ehrenamtlichen aus den Landeskirchen, musikalischen und liturgischen Fachverbänden sowie Studentinnen und Studenten in verschiedenen Arbeitsgruppen intensiv am neuen Evangelischen Gesangbuch. Ingrid Kasper, Landeskirchenmusikdirektorin der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM), wirkt in der Lied-Kommission mit. „Wir haben uns ganz viel Mühe gemacht und Tausende von Liedern angeschaut und bewertet, vorhandene Liedsammlungen durchforstet, auf Sachgruppen geachtet, Kinderlieder, die große Gruppe der Popularmusik.“ Jedes einzelne Lied wurde nach bestimmten Kriterien unter die Lupe genommen, beispielsweise theologisch, hymnologisch, in Bezug auf einen generationsübergreifenden Blick. Jetzt sei man mit der Arbeit so weit, dass man erste Inhalte erproben lassen will. Start ist im September.

Gesangbuch: Nicht alles wird untersucht

Dafür geht eine Anzahl gedruckter Erprobungsbände in alle Landeskirchen der EKD und nach Österreich. Nicht das gesamte neue Gesangbuch wird erprobt, sondern man hat sich aus den insgesamt 50 Teilrubiken für einige Kategorien entschieden: Advent und Weihnachten, Abend und Nacht, Taufe, Loben-Danken-Feiern sowie einen Auszug aus der neu konzipierten Psalmrubrik. „Die Landeskirchen suchen die Erprobungsgemeinden aus. Dabei sollen große Stadt- und kleine Dorfgemeinden ebenso dabei sein wie haupt- und nebenberufliche Kirchenmusikerinnen und -musiker“, sagt Lukas Bauer aus der Projektleitung.

Gemeinden können mitmachen

„Wir in der EKM sind ja eine ausgesprochen kirchenmusikalische Landeskirche. Wir haben bei uns beispielsweise in jedem Kirchenkreis zwei Multiplikatoren für das Gesangbuch“, so Ingrid Kasper. Den Kirchenkreisen Gera, Altenburg und Greiz der EKM komme bei der Erprobung eine besondere Rolle zu. Sie werden sich gezielt beteiligen und die gedruckten Erprobungsbände genau unter die Lupe nehmen. Aber auch Kirchengemeinden, die keine gedruckte Version erhalten, können mitmachen. Dafür besteht ab September auf der Website „mitsingen.de“ die Möglichkeit zur Verfügung, sich für die einzelnen Rubriken das Erprobungsmaterial herunterzuladen und in den Gemeinden zu vervielfältigen.

Und dann kann es schon losgehen und mit dem Material für Gemeindeveranstaltungen – wie Gottesdienste, Andachten und Singveranstaltungen – gearbeitet werden. Anschließend ist natürlich das Feedback gefragt. Dazu stehen online Fragebögen zum Download bereit. Am besten ist es, wenn die Bewertung direkt nach der Erprobungsveranstaltung durch die Teilnehmenden erfolgt.
Man hoffe, dass möglichst viele Interessierte das Material anschauen und ausprobieren, wie man damit arbeiten könne, sagt Ingrid Kasper. Denn: „Noch ist nichts in Stein gemeißelt. Nach der Erprobungszeit werden die ausgefüllten Fragebögen von einem Fachgremium ausgewertet.“ Dann wird das neue Gesangbuch entsprechend überarbeitet.

Neues Gesangbuch mit 600 Liedern

Im nächsten Jahr kommt die Arbeitsgruppe vom 26. bis 28. Oktober noch einmal zu einer großen Tagung im Augustinerkloster in Erfurt zusammen. „Ich freue mich sehr über den Tagungsort, denn hier ist das erste evangelische Gesangbuch, das ,Enchiridion’, vor 500 Jahren gedruckt worden“, so Ingrid Kasper. Das neue Gesangbuch wird 600 Lieder bereithalten. „Und alle sind singbar“, wie Ingrid Kasper betont. Aber es wird ganz anders aussehen als die bisherigen Evangelischen Gesangbücher. Künftig wird nicht Lied an Lied gereiht, sondern es werden auch Texte dazugestellt, ein Gebet oder ein Gedicht etwa. „Die Idee war, ein Buch vorzulegen, das im Kindergottesdienst, in der Andacht und zuhause gleichermaßen verwendet werden kann.“

Die 50 Teilrubriken seien in sechs Meta-Rubriken zusammengefasst, erklärt Lukas Bauer: „1. TagesZeit – Momente im Tageslauf, 2. Jahreszeit – Kirchenjahr und Jahreslauf, 3. FeierZeit: Gottesdienst feiern, 4. AlleZeit – Psalmensingen und beten, 5. ZwischenZeit – Glauben im Alltag, 6. LebenZeit – Ereignisse im Lebenslauf“. Gegenwärtig prüfe eine „Kompositionsgruppe“ die Gesamtkomposition des Gesangbuches: Stimmt die Mischung aus alten und neuen Liedern, die Zuordnung in die Rubrik?

Neue liturgische Möglichkeiten

Man hat es sich nicht leichtgemacht in der Frage, welches Lied in die gedruckte Version des Gesangbuchs kommt. „Wenn ein Lied dort nicht Eingang gefunden hat, heißt das nicht automatisch, dass es eine schlechtere Bewertung erhalten hat. Zu manchen Themen gab es viele Lieder, die alle sehr gut bewertet wurden, sich aber auch glichen. Die konnten aber nicht alle in den beschränkten Platz des Buches Eingang finden“, erklärt Ingrid Kasper.

Deshalb wird es die große begleitende digitale Version des Neuen Gesangbuches geben, die auch eine Reihe zusätzliche Angebote bereithält, unter anderem Begleitangebote für Posaunenchöre, Orgel- und Gitarrenbegleitung. Der Bedarf ist klar: Neben dem traditionellen Liedgut sind neue Lieder gefragt und neue liturgische Möglichkeiten, die noch vor 30 Jahren undenkbar waren. So entsteht ein in vielerlei Hinsicht neues Gesangbuch.

Ab September steht unter www.mitsingen.de die Möglichkeit zur Verfügung, sich für die einzelnen Rubriken das Erprobungsmaterial herunterzuladen und in den Gemeinden zu vervielfältigen und zu testen.