Genau hinschauen, schnell handeln

Jeder einzelne Täter der Silvesternacht muss seine Strafe bekommen, kommentiert Renate Haller. Die Redakteurin sieht kein ethnisches Problem, sondern ein soziales.

Wie hier in Berlin sah es am 1. Januar in vielen Ecken Deutschlands aus
Wie hier in Berlin sah es am 1. Januar in vielen Ecken Deutschlands ausImago / Jürgen Held

Der Polizeiseelsorger in Mecklenburg-Vorpommern, Hanns-Peter Neumann, ist entsetzt. Nach den Ausschreitungen in der Silvesternacht berichtete er von der Fassungslosigkeit der Einsatzkräfte. „Viele machen ihren Job etwa bei der Feuerwehr freiwillig, riskieren bei Einsätzen ihr Leben und werden dafür noch beschimpft. Das ist ja auch nicht zu fassen“, fügte er hinzu. Damit hat er völlig recht. Feuerwehr, medizinische Rettungsdienste, Polizei – sie alle verdienen unseren Respekt. Sie sind da, wenn es eng wird. Aber schimpfen und nach härteren Strafen rufen alleine reicht nicht.

In der Nacht zum 1. Januar hat sich kein ethnisches Problem auf den Straßen gezeigt, sondern ein soziales. Viele der Beteiligten haben einen Migrationshintergrund, ja. Aber sehr viele dieser jungen Menschen sind in Deutschland aufgewachsen, haben die Schule ohne Abschluss verlassen und keinen Job. Sie fühlen sich dieser Gesellschaft nicht zugehörig und lassen im Schutz der Gruppe ihren Aggressionen freien Lauf. Das ist keine Entschuldigung für das, was jemand tut. Dafür muss jeder Einzelne seine Strafe bekommen. Zusätzlich aber brauchen junge Männer Angebote, die ihnen helfen, sich als Teil der Gesellschaft zu fühlen.

Gutbürgerlicher deutscher Hintergrund

Unterscheiden muss man diese Gruppen von jenen, die einfach nur „die Sau rauslassen“. Im Rhein-Main-Gebiet hat ein 19-Jähriger mit gutbürgerlichem deutschen Hintergrund einen Feuerwehrmann mit Reizgas attackiert, der gerade von einem Löscheinsatz zurück kam.

Redakteurin Renate Haller
Redakteurin Renate HallerChristoph Boeckheler

Der junge Mann ist kein Einzelfall. Hilfs- und Rettungskräfte beklagen schon lange, dass sie immer wieder hart angegangen werden. Darin zeigt sich eine Respektlosigkeit, die ihren Ursprung möglicherweise in einer allgemeinen Verrohung und Empathielosigkeit hat. Deren Ursachen müssen ebenso untersucht werden, wie die Probleme bei der Integration. Jetzt gilt: Genau hinschauen und schnell handeln – auch aus Sorge um die Einsatzkräfte.