Gemeinsam am Tisch des Herrn

Christen aller Konfessionen setzen auf dem Ökumenischen Kirchentag ein Zeichen der Verbundenheit: mit einem gemeinsamen Abendmahl. Ein Signal, das Folgen haben könnte.

Der katholische Stadtdekan Johannes zu Eltz beim Gottesdienst im Frankfurter Dom
Der katholische Stadtdekan Johannes zu Eltz beim Gottesdienst im Frankfurter DomPhilip Wilson, ÖKT / epd

Frankfurt a.M. Ein Schritt aus der Kirchenbank, ein Blick, ein Paar Hände, bereit zu empfangen, ein Paar Hände, bereit zu geben, eine Bewegung zum Mund, Kauen, Schlucken, Nachspüren – in Sekundenschnelle ist es vollbracht: Die evangelische Präsidentin des Ökumenischen Kirchentages, Bettina Limperg, hat die geweihte Hostie in einer katholischen Abendmahlsfeier empfangen. Und mit ihr wohl auch viele weitere evangelische Christen, die an der katholischen Messe im Dom zu Frankfurt beim Ökumenischen Kirchentag teilnehmen.

Wie viele es sind, ist unklar – denn auf der Stirn steht es den Leuten nicht geschrieben, ob sie nun evangelisch oder katholisch glauben. An diesem letzten Abend des Kirchentags in Frankfurt, der als digitales Event gefeiert wurde, ist das auch egal. „Jesu Freundschaft zu jedem und jeder, der oder die an ihn glaubt, begründet die Freundschaft untereinander“, sagt der Frankfurter katholische Stadtdekan Johannes zu Eltz in seiner Predigt im Dom.


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Er sei für seine Verhältnisse vor dem Gottesdienst richtig aufgeregt gewesen, gesteht zu Eltz anschließend. Bei der Kommunion sei er glücklich gewesen, dass die Einladung, die er zwar so ausdrücklich nicht ausspreche, aber tief empfinde, auch angekommen und angenommen worden sei. Das alles geschieht mit dem Segen des Limburger Bischofs, Georg Bätzing, der ohne Bischofsornat unauffällig wie alle anderen Teilnehmer in einer der vorderen Kirchenbänke Platz nimmt.

Getragen vom Glauben

„Es war ein wirklich bewegender Gottesdienst für mich. Ich fühlte mich wirklich getragen von der gemeinsamen Glaubenserfüllung, die wir miteinander gefunden haben“, sagte die evangelische Kirchentagspräsidentin Limperg nach dem Gottesdienst.

In der katholischen Kirche scheint etwas in Bewegung geraten zu sein: Anfang der Woche segneten katholische Seelsorger homosexuelle Paare öffentlich in ihren Kirchen. Parallel zu den konfessionellen Gottesdiensten des Kirchentags predigten bundesweit katholische Seelsorgerinnen im Rahmen des von den katholischen Frauen ausgerufenen Tags der Predigerinnen. Und dann fanden sich beim Kirchentag Protestanten offiziell erwünscht bei der katholischen Mahlfeier ein – alle drei Ereignisse gehen gegen den Willen des Vatikans, der in Fragen der katholischen Lehre das letzte Wort hat.

In der evangelischen Gemeinde Riedberg in Frankfurt feiert der hessen-nassauische Kirchenpräsident Volker Jung das Abendmahl
In der evangelischen Gemeinde Riedberg in Frankfurt feiert der hessen-nassauische Kirchenpräsident Volker Jung das AbendmahlPeter Bongard, ÖKT / epd

Die wechselseitige Teilnahme am Abendmahl, wie sie das Votum von katholischen und evangelischen Theologinnen vor zwei Jahren für die Praxis empfohlen hat, ist eine ökumenische Geste. Es geht nicht um eine gemeinsame Abendmahlsliturgie oder gar um eine sogenannte Interzelebration, wofür die Einheit der Kirchen die Voraussetzung wäre und was der Vatikan streng untersagt. Stattdessen ist die freie Gewissensentscheidung aller Getauften die Grundlage für die ökumenisch sensible Mahlfeier.

Der Vatikan sieht es auch nicht gern, wenn katholische Christen zum evangelischen Abendmahl gehen, so wie der katholische Präsident des Ökumenischen Kirchentages, Thomas Sternberg, in Frankfurt.

Mehr Ökumene in der Planung

Auf dem Ökumenischen Kirchentag riefen Theologen dazu auf, in den Anstrengungen hin zu einem gemeinsamen Abendmahl nicht nachzulassen. „Wir müssen dieses Leiden daran, dass wir nicht gemeinsam am Tisch des Herrn feiern können, wachhalten“, sagte die baptistische Theologin und Kirchenhistorikerin Andrea Strübind aus Oldenburg auf einem Podium zum Schwerpunkt Ökumene.

Die konfessionellen Mahlfeiern könnten über den Ökumenischen Kirchentag in Frankfurt am Main hinausweisen. „Thomas Sternberg und ich sind uns einig, dass die kommenden Katholikentage etwas evangelischer und ökumenischer und die nächsten Kirchentage etwas katholischer und ökumenischer werden“, sagte Limperg. (epd)