Gegen die schwindende Erinnerung

Seit 70 Jahren trägt die Woche zur Verständigung von Christen und Juden bei. 2022 wird sie in Osnabrück eröffnet. Eine Fotoausstellung mit Bildern aus dem ehemaligen KZ Mauthausen soll die Geschichte wachhalten – und irritiert.

Künstler Marko Zink aus Österreich zeigt sein Werk in der Katharinenkirche von Osnabrück
Künstler Marko Zink aus Österreich zeigt sein Werk in der Katharinenkirche von OsnabrückDetlef Heese / epd

Osnabrück. Zur bundesweiten „Woche der Brüderlichkeit“ zeigt Osnabrück Fotografien des österreichischen Künstlers Marko Zink aus der KZ-Gedenkstätte Mauthausen. Er wolle mit seinen analog aufgenommenen und verfremdeten Fotos der schwindenden Erinnerung an den Holocaust etwas entgegensetzen, sagte Zink. Seine Arbeiten unter dem Titel „M 48° 15′ 24.13“ N, 14° 30′ 6.31„ E Mauthausen – Die Tilgung von Erinnerung“ werden bis 31. März präsentiert. Sie sind in in der evangelischen St. Katharinenkirche, im katholischen Dom und im Felix-Nussbaum-Haus zu sehen. Die Ausstellung ist ein Beitrag zu der am 6. März zentral in Osnabrück eröffneten Aktionswoche, mit der die christlich-jüdische Zusammenarbeit gefördert werden soll.

Die Bilder wurden Zink zufolge in der einzigen in Österreich existierenden KZ-Gedenkstätte in Mauthausen aufgenommen. Die Ziffern im Titel der Schau sind die Koordinaten des ehemaligen Konzentrationslagers. Durch Verfremdungen und erläuternde Texte irritierten und erschreckten die Bilder den Betrachter mitunter, erläutere der Künstler. So störe etwa ein dicker schwarzer Fleck die Ästhetik einer großformatigen Panorama-Aufnahme des Lagerkomplexes. Doch angesichts des in Österreich wie in Deutschland wieder erstarkenden Antisemitismus dürfe Kunst „nicht zahm sein, sonst wird sie zum Mittäter“.

Gegen die Profanisierung

Geschichte funktioniere nur durch Erzählungen, sagte Zink. „Die Fotografie kann nicht abbilden, was es nicht mehr gibt.“ Deshalb seien die Erläuterungen zu seinen Bildern essentiell. Ebenso sei es Methode, dass die nach der Entwicklung verätzten oder gekochten Filme bereits nach kurzer Zeit zerfielen. Damit wende er sich auch gegen die Profanisierung der Gedenkstätten. Von denen existierten etwa auf Facebook oder Instagram zahllose Aufnahmen, die der Geschichte dieser Orte nicht angemessen seien.

Europäische Dimension

Angela Müllenbach-Michel von der Gesellschaft für Jüdisch-Christliche Zusammenarbeit Osnabrück betonte die europäische Dimension der Ausstellung. Sie sei außer in Wien und Mauthausen bereits in Zagreb/Kroatien gezeigt worden und werde durch weitere Städte touren. „Das Gespräch über das Gedenken an den Holocaust muss europäisch geführt werden.“ Die Gesellschaft hat die Schau gemeinsam mit dem evangelisch-lutherischen Sprengel und dem katholischen Bistum realisiert. Die Woche der Brüderlichkeit steht 2022 unter dem Motto „Fair Play – Jeder Mensch zählt“. Sie wird seit 1952 jährlich ausgerichtet. (epd)