Gegen die Angst

Über die Abschiedsrede Jesu schreibt Maren Trautmann. Sie ist Pastorin in Hamburg-Niendorf.

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Der Predigttext des kommenden Sonntags lautet: „In der Welt habt ihr Angst; aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden.“ aus Johannes 16, 33

Vor Urzeiten als Studentin habe ich einmal einen Selbstverteidigungskurs gemacht. Nach der ersten Stunde war ich enttäuscht. Anstatt dass wir darauf eingeschworen wurden, im Laufe des Kurses zu angstfreien Kampfmaschinen zu mutieren, hielten uns die beiden Kursleiter erst einmal einen Vortrag darüber, dass es das Wichtigste bei der Selbstverteidigung sei, gefährliche Situationen zu vermeiden. „Geht bitte auch nach diesem Kurs nicht nachts allein die Abkürzung durch den Park!“

Wahrscheinlich hätte ich das auch ohne diesen ausdrücklichen Hinweis nicht gemacht. Aber es ist irgendwie bei mir hängen geblieben, dieses stark Machen der Intuition, die uns Menschen auch schützen kann.

„In der Welt habt ihr Angst.“ Ja, so ist es, und erst einmal ist Angst ein Reflex, der die Menschen früher vor wilden Tieren auf der Hut sein ließ und heute immer noch den Zweck erfüllt, dass wir uns in brenzligen Situationen nicht überschätzen. Aber ich weiß auch, es gibt auch ein Zuviel der Angst, die lähmen kann und zu einer regelrechten Angst vor dem Leben werden kann: Man könnte ja etwas falsch machen, es könnte ja etwas schiefgehen.

„In der Welt habt ihr Angst.“ In dieser gesamten Passage der Abschiedsrede Jesu schwingt eine seelsorgerliche Dimension­ mit. Er versucht die, die im nahe stehen, darauf vorzubereiten, dass er nicht mehr so bei ihnen sein wird wie bisher. Er bemüht sich um theologische Erklärungen: „Ich bin vom Vater ausgegangen und in die Welt gekommen; ich verlasse die Welt wieder und gehe zum Vater.“

Die Rede ist ein Vermächtnis, aber so ganz erschließen wird sich das alles erst nach seinem Tod und nach seiner Auferweckung, nach Himmelfahrt und Pfingsten. Für diese Zeit in dieser Welt gibt Jesus den Seinen, uns, am Anfang des Textes eine wichtige Verbindung zu Gott mit auf den Weg: Das Gebet. Das Gebet, das zum Beispiel auch Angst benennen kann und sie manchmal schon dadurch etwas fassbarer macht. „Rogate“, „Betet“, ermutigt uns dieser Sonntag. Weil wir durch unser Beten die Dimension dieser Welt schon immer ein kleines Stückchen überschreiten.

Unsere Autorin
Maren Trautmann ist Pastorin der Kirchengemeinde Niendorf in Hamburg.

Zum Predigttext des folgenden Sonntags schreiben an dieser Stelle wechselnde Autoren. Einen neuen Text veröffentlichen wir jeden Mittwoch.