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Gedenkstätten: Roths erstes Erinnerungskonzept “unausgegoren”

Der Entwurf der Kulturstaatsministerin zur künftigen Gedenkstättenarbeit in Deutschland muss erneut harsche Kritik der Gedenkstätten aushalten. Zugleich begrüßen sie die anstehenden Gespräche.

In der Debatte um ein neues Erinnerungskonzept haben sich die Gedenkstätten öffentlich positioniert und das bisherige Vorgehen von Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) kritisiert. Es sei unstrittig, dass es ein neues Konzept brauche, doch ein bisheriges intransparentes Vorgehen ohne breite öffentliche Beteiligung sowie der Inhalt des ersten Entwurfs aus dem Hause Roth blieben hinter den Erwartungen zurück, schreibt der Verband der Gedenkstätten in Deutschland am Freitag in einer Stellungnahme. Deutlich heißt es: “Das Rahmenkonzept wirkt konzeptionell, sprachlich und förderpolitisch unausgegoren.”

Zugleich heißt es vonseiten der Gedenkstätten, dass sie die Aufnahme kolonialer Verbrechen als weitere Säule der Erinnerungskultur ausdrücklich begrüßten. Es dürfe aber durch eine mögliche Aufnahme weiterer Themenbereiche “keine inhaltlichen und förderpolitischen Schwerpunktverschiebungen zulasten der NS-Gedenkstätten und -Erinnerungsorte geben”. Die wichtige bildungs- und gesellschaftspolitische Arbeit der mehr als 300 Gedenkstätten und Erinnerungsorte zu den NS-Verbrechen müsse vielmehr im Konzept “dezidiert und detailliert gewürdigt werden”. Ebenso solle die politische Unabhängigkeit der Gedenkstätten als zentrales Element festgeschrieben werden.

Für die Umsetzung, darunter auch das große Querschnittsthema Digitalisierung, fehlt es den Gedenkstätten jedoch an Personal und Mittel, wie es weiter heißt. Daher schlagen sie zahlreiche Förderinstrumente vor. Genannt werden mehr Forschungsförderung, eine Gründung und Förderung eines Kompetenznetzwerks für die Qualifizierung von Haupt- und Ehrenamtlichen, eine vielfältigere Projektförderung und eine bessere Finanzierung der Geschäftsstelle des Verbands der Gedenkstätten.

Seit Februar läuft eine hitzige Debatte zum Umgang mit der Erinnerungskultur sowie den Gedenkstätten in Deutschland. Die Kulturstaatsministerin wünscht sich ein neu überarbeitetes Rahmenkonzept, wie es auch der Koalitionsvertrag vorsieht. Ein entsprechender, 43 Seiten umfassender Entwurf war im Februar öffentlich geworden.

Anfang Mai wurden eigene Leitlinien der Gedenkstätten publik. Nun geht es im nächsten Schritt darum, die vorliegenden Papiere gemeinsam zu beraten. Der geplante Runde Tisch Gedenkstätten trifft sich am 6. Juni im Bundeskanzleramt. Ob am Ende ein gemeinsames Konzept zustande kommt, wird unter anderem unter Historikern bezweifelt.