„Ganz viel Ruhe“

Zehn Jahre „Haus Samaria“: Im März 2014 nahm das Gießener Hospiz die ersten schwerkranken Menschen auf. Seitdem wurden dort etwa 1.200 Gäste, wie die Bewohner eines Hospizes genannt werden, an ihrem Lebensende versorgt. Es habe in diesen zehn Jahren zwar Veränderungen gegeben, sagt die Einrichtungsleiterin Gitta Baumgartl-Weber. Gleichgeblieben sei aber die Haltung der Pflegenden gegenüber den Gästen: „Immer das Beste für den Gast zu wollen und alles zu tun, um ihm letzte Wünsche zu erfüllen.“

Etwa 15 Ehrenamtliche helfen bei der Betreuung. Ins Haus kommen ein Therapiehund und eine Physiotherapeutin, es gibt Musiktherapie und ein Angebot mit Klangschalen. Gäste, die noch mobil sind, treffen sich im hellen Aufenthaltsraum zum Spielen oder Kaffeetrinken. Viele aber „wollen ganz viel Ruhe“. Hauptziel sei es, die Symptomlast, etwa Erbrechen oder Schmerzen, am Lebensende so gering wie möglich zu halten.

Verändert habe sich jedoch der Kostendruck, berichtet die Einrichtungsleiterin. Das Hospiz verhandelt mit dem Kostenträger die Tagessätze. Die Krankenkassen tragen 95 Prozent der Kosten. „Diese Verhandlungen werden deutlich schwieriger.“ Man benötige viel Fachpersonal, weshalb die Kosten hoch seien. Fünf Prozent, etwa 8.000 Euro im Monat, muss das Hospiz durch Spenden selbst aufbringen.

Auffällig sei, dass vermehrt Patienten mit der Nervenkrankheit ALS unter den Gästen seien. Es handele sich oft um junge Menschen, die eine besondere Versorgung brauchen. Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer aller Gäste betrage 26 Tage. Derzeit lebe eine Frau bereits seit 14 Monaten im Haus Samaria, „am längsten bis jetzt“, aber auch Aufenthalte von einem halben Jahr seien nicht selten.

39 Menschen konnten in den vergangenen zehn Jahren sogar entlassen werden, weil sich ihr Zustand verbesserte. Baumgartl-Weber führt es auch auf die Zuwendung zurück, die Gäste im Hospiz erhalten. Eine Frau, die 2022 nach Hause gehen konnte, lebe immer noch, erzählt die Einrichtungsleiterin: „Ein kleines Wunder“.

Das Haus Samaria mit seinen zehn Betten ist zu 96 Prozent ausgelastet. Es bestehe eine Aufnahmeliste, die aber sehr beweglich sei, da sich bei den kranken Menschen oft etwas ändere. Sie machten trotzdem Öffentlichkeitsarbeit, denn es gehöre auch zu ihrer Arbeit, Ängste zu nehmen.

Noch immer hätten manche Menschen die irrige Vorstellung, dass Hospize dunkel und still seien. Baumgartl-Weber informiert zum Beispiel im Ethikunterricht in Schulen über die Hospizarbeit. Regelmäßig kommen Konfirmandengruppen ins Haus, auf Anfrage sind Hausführungen möglich: „Die Menschen sind oft erleichtert nach den Besuchen.“