Gabriel: Betriebe sollen mehr behinderte Menschen einstellen

Für Sigmar Gabriel bringt die Einstellung von behinderten Menschen den Unternehmen Vorteile, auch wirtschaftlich. Ein bekanntes Unternehmen aus Niedersachsen bestätigt das aus der eigenen Praxis.

Sigmar Gabriel im Gespräch mit Raul Krauthausen, der die Veranstaltung moderierte
Sigmar Gabriel im Gespräch mit Raul Krauthausen, der die Veranstaltung moderierteMarcel Domeier / Diakovere

Hannover. Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) hat an die Unternehmen appelliert, mehr Menschen mit einer Behinderung einzustellen. "Es gibt noch viel zu viele, die sich nicht vorstellen können, dass es möglich ist, ihr Unternehmen erfolgreich zu führen, wenn sie eine bestimmte Zahl an Arbeitsplätzen für Menschen mit Behinderung anbieten", sagte der SPD-Parteichef in Hannover. Das Problem sei dabei oft Unsicherheit oder Unwissen. Es gelte daher, die "Köpfe und Herzen" der Unternehmer zu öffnen. Das könne auch ein Beitrag gegen den Fachkräftemangel sein.
Die Erfahrung zeige, dass Betriebe, die Menschen mit vielfältigen Lebenserfahrungen beschäftigten, wirtschaftlich erfolgreicher seien als andere, betonte Gabriel. Der Vizekanzler sprach bei einer Fachtagung zum 40-jährigen Bestehen des Berufsbildungswerks im diakonischen Annastift. Dort wurden seit 1976 rund 4.400 junge Menschen mit Behinderung in mehr als 30 Berufen ausgebildet.
Laut Gabriel lassen sich für die Zukunft rund fünf Millionen Menschen aus unterschiedlichen Gruppen als neue Fachkräfte gewinnen. Dazu gehörten Alleinerziehende, Zuwanderer und Menschen mit intensivem Förderbedarf. Gabriel betonte jedoch, dass gleiche Chancen für behinderte Menschen ein Verfassungsgrundsatz seien. Letztlich dürfe der Fachkräftemangel nicht der ausschlaggebende Grund sein, sie zu fördern.

Gute Erfahrungen mit behinderten Arbeitnehmern

Der Wirtschaftsminister mahnte zudem weitere Anstrengungen an den Schulen an. Rund 47.000 junge Leute beendeten in diesem Jahr die Schule, ohne zumindest einen Hauptschulabschluss geschafft zu haben – das seien etwa sechs Prozent eines Jahrgangs: "Wir schauen noch zu wenig hin, welche Bedingungen wir in diesen Schulen brauchen, um Schüler zum Lernerfolg zu bringen." Gabriel ist selbst ausgebildeter Lehrer. Vor seiner politischen Karriere unterrichtete er in Goslar am Harz unter anderem arbeitslose Jugendliche, um sie auf einen Beruf vorzubereiten.
Der Hauptgeschäftsführer der Unternehmerverbände Niedersachsen, Volker Müller, berichtete von gelungenen Beispielen, bei denen Betriebe Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderungen geschaffen hätten. So habe der Mikrofon-Hersteller Sennheiser in der Wedemark bei Hannover seine Arbeitsprozesse analysiert und geprüft, wo er behinderte Menschen mit ihren besonderen Fähigkeiten einsetzen könne. "Das wirkt sich sehr positiv auf das Betriebsklima aus", sagte Müller. "Menschen, die zuvor als nicht integrierbar betrachtet wurden, kommen jetzt jeden Tag fröhlich zur Arbeit." (epd)