Anerkennung für eine etablierte Institution der Hoffnung: Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte ist mit dem Dresdner Friedenspreis geehrt worden. Der Präsident des Gerichtshofs, Marko Bosnjak, nahm die mit 10.000 Euro dotierte Auszeichnung am Sonntag in der Dresdner Semperoper stellvertretend entgegen. Gewürdigt wurde die Institution für ihren beständigen Einsatz für Grundfreiheiten.
Die Laudatio hielt die frühere Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP). Sie betonte, für viele Menschen, darunter Verfolgte, Inhaftierte und Verurteilte, sei der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte die letzte Hoffnung. Er garantiere deren Rechte, wenn sie von der jeweiligen nationalen Justiz keine Unterstützung bekommen. Denn sie könnten sich auch ohne Anwalt an den Gerichtshof wenden.
Zwar könnten die 46 Richterinnen und Richtern der europäischen Institution geschehenes Unrecht nicht vollumfänglich aufarbeiten, sagte Leutheusser-Schnarrenberger. Jedoch stelle der Gerichtshof Verstöße gegen die Rechtsstaatlichkeit fest und fordere Konsequenzen ein. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte sei „das gute, das positive Gesicht Europas, das uns optimistisch stimmt“.
Erstmals erhielt eine Institution den Friedenspreis. Die Auszeichnung wird seit 2010 jährlich rund um den Dresdner Kriegsgedenktag im Februar für Verdienste um Demokratie und Völkerverständigung verliehen. Einer der Initiatoren war der frühere Bundesinnenminister und gebürtige Dresdner Gerhart Baum (FDP), der kurz vor der Preisverleihung mit 92 Jahren gestorben war.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte wurde 1959 in Straßburg gegründet. Er entscheidet zu Beschwerden, in denen Verletzungen von Menschenrechten und Grundfreiheiten aufgezeigt werden. 2024 widmete er sich unter anderem Umweltfragen und verurteilte die Schweiz wegen mangelnden Umweltschutzes. Jährlich gehen laut Leutheusser-Schnarrenberger rund 50.000 Beschwerden bei dem Gerichtshof ein.
Bosnjak betonte in seiner Dankesrede, die Auszeichnung sei nicht nur eine Anerkennung der Arbeit des Gerichtshofs. Sie unterstreiche auch die Bedeutung des Europarats und von dessen „Kronjuwel“, der Europäischen Menschenrechtskonvention, die der dauerhaften Hoffnung der Menschheit auf Frieden dienen solle. Der Gerichtshof versuche zu jeder Zeit, das humanitäre Völkerrecht zu stärken. Er sei das „Gewissen Europas“, an das sich tausende Menschen gewandt hätten, um ihre Rechte durchzusetzen.
Zu Beginn der Preisverleihung wurde eine Rede von Gerhart Baum verlesen, die er dort hatte halten wollen. Darin rief er dazu auf, die Demokratie zu verteidigen. „Es wird höchste Zeit, dass wir aufwachen“, hieß es in Baums Redetext: „Die Gesellschaft muss begreifen, was auf dem Spiel steht.“ Peter Ufer von der Initiative Friedenspreis Dresden würdigte Baum als „einen leidenschaftlichen Kämpfer für die Freiheitsrechte, einen Weltbürger, einen großen Dresdner“. Der Preis wird von der Klaus-Tschira-Stiftung gestiftet. 2024 ging die Auszeichnung posthum an den russischen Regimekritiker Alexej Nawalny (1976-2024).