Frieden finden

Feinde segnen. Gedanken zum Predigttext am 2. Sonntag nach Epiphanias. Von Heinrich Koch, Pfarrer in Hoyerswerda und stellvertretender Superintendent des Kirchenkreises Schlesische Oberlausitz.

Predigttext am 2. Sonntag nach Epiphanias: Römer 12,9–16

Die Liebe sei ohne Falsch. Hasst das Böse, hängt dem Guten an. Die brüderliche Liebe untereinander sei herzlich. Einer komme dem andern mit Ehrerbietung zuvor. Seid nicht träge in dem, was ihr tun sollt. Seid brennend im Geist. Dient dem Herrn. Seid fröhlich in Hoffnung, geduldig in Trübsal, beharrlich im Gebet. Nehmt euch der Nöte der Heiligen an. Übt Gastfreundschaft. Segnet, die euch verfolgen; segnet, und verflucht sie nicht. Freut euch mit den Fröhlichen, weint mit den Weinenden. Seid eines Sinnes untereinander. Trachtet nicht nach hohen Dingen, sondern haltet euch zu den niedrigen. Haltet euch nicht selbst für klug.

Von Heinrich Koch

„Ihre eigenen Wünsche waren ihr nicht so wichtig“, so erzählen die Kinder dankbar über ihre alte Mutter, die sie nun zu Grabe tragen müssen. Werden unsere Kinder dies einst auch über uns sagen? Oder heißt es für unsere Generation: „Unterm Strich zähl ich!“ Was ist für uns ein gelungenes Leben? Ist die alte Frau nicht auch ein wenig zu bedauern? Wäre es nicht besser gewesen, sie hätte mehr an sich selbst gedacht? So manche Frau, die in ihrem Leben ganz für die Familie da war, hat am Ende nur Undank geerntet. Aber, was macht unser Leben reich? 80 Jahre auf der Überholspur unterwegs, von niemandem abhängig, ein erfolgreiches und luxuriöses Leben, ist es das? Selbst, wenn es um das kirchliche Ehrenamt geht, fragen wir heute ganz offen: Was hat er oder sie davon? Man spricht von einer symbolischen Ökonomie, bei der nicht mit Geld, aber mit Anerkennung und persönlichem Zugewinn gezahlt wird.

Der österreichische Psychiater Victor Frankl (1905-1997), der Ausschwitz überlebt hatte, war davon überzeugt, dass der Weg zum Glücklichsein, also in das Haus des Glücks, durch eine Tür führt, die nach außen aufgeht. Wer mit aller Gewalt gegen die Tür drückt, der kommt nicht hinein. Vielmehr muss man zurücktreten: Dann lässt sich die Tür ganz leicht öffnen. Für Frankl war klar, dass nur der glücklich sein kann, der einen Sinn für sein Leben gefunden hat. Wer nur dem eigenen Glück hinterherjagt, der wird es nicht finden, weil er sich nur um sich selbst dreht und so die Tür nicht aufbekommt.

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