Tassen mit ihrem Konterfei, Kalender, Filme und Bücher: Die britische Autorin Jane Austen – Jahrgang 1775 – ist immer noch populär. Manche Buchhandlung hat ihr zu Ehren einen Extratisch aufgebaut. Warum sie so beliebt ist.
Wer beim nächsten Urlaub auf der britischen Insel einen Zehn-Pfund-Schein in die Hände bekommt, sollte näher hinschauen: Die Dame im Profil mit Spitzenhaube und Stehkragen ist Jane Austen. Die Bank of England brachte den Geldschein vor acht Jahren heraus. “In Großbritannien hat Jane Austen einen ähnlichen Kultstatus wie Shakespeare”, sagt Marion Gymnich, Anglistik-Professorin an der Universität Bonn. Und auch in Deutschland sei die Roman-Autorin sehr bekannt und werde gern gelesen – zumal zu ihrem 250. Geburtstag. Am 16. Dezember 1775 wurde die Schriftstellerin geboren.
“Neulich habe ich sogar in einer Buchhandlung in einer kleineren Stadt einen eigenen Tisch mit ihren Büchern und ein paar Merchandising-Artikeln entdeckt”, sagt Gymnich. “Ich habe mich darüber gefreut.”
In Büchern und besonders auch in Filmen werde immer wieder aus Jane Austens Büchern zitiert, darauf angespielt oder eine ähnliche Figurenkonstellation genutzt – wie etwa im berühmten Weihnachtsfilm “Bridget Jones – Schokolade zum Frühstück”, wo Mr. Darcy – benannt nach der Hauptfigur aus “Stolz und Vorurteil” – als potenzieller Partner fürs Leben fungiert. Auch eine aktuelle Verfilmung gibt es: “Jane Austen und das Chaos in meinem Leben”, ein französisch-britischer Liebesfilm.
Beliebt sei die Autorin, die Klassiker-Werke wie “Emma” schrieb, auch nach wie vor bei ihren Studentinnen, erzählt die Literaturwissenschaftlerin. “Die Frauen bei Jane Austen haben alle gemeinsam, dass sie ihren eigenen Kopf haben. Sie wissen, was sie wollen, und sie lassen sich von der Gesellschaft und von ihrem sozialen Umfeld nicht diktieren, was sie machen sollen. Das hat sehr hohes Identifikationspotenzial”, sagt Gymnich. Zudem würden die Frauenfiguren nie idealisiert. “Sie haben alle möglichen Schwächen, sind nicht als die strahlende Schönheit beschrieben, sondern in vieler Hinsicht als durchschnittlich.”
Bei ihren Schriftstellerkollegen riefen Austens Bücher – zeitweise als “Frauenliteratur” abgetan – allerdings gemischte Reaktionen hervor. Mark Twain (1835 bis 1910) fasste sein Urteil so zusammen: “Wenn ich ‘Stolz und Vorurteil’ lese, möchte ich sie ausbuddeln und ihr mit dem Schienenbein eins überziehen.” “Dschungelbuch”-Autor Rudyard Kipling (1865- 1936) bewunderte sie dagegen zutiefst: “Es gibt niemanden, der Jane das Wasser reichen kann, wenn man in der Klemme steckt.”
Auch Männer könnten etwas mit den Büchern anfangen, sagt Gymnich. “Das liegt auch daran, dass es eben nicht nur Liebesgeschichten sind, sondern dass es um soziale Beziehungen in jeglicher Hinsicht geht. Da ist Jane Austen sehr zeitlos.” Zudem zeichne sie das Bild einer modernen Partnerschaft. “Die Ehe an sich wird in ihren Büchern nicht idealisiert. Sie vermittelt durch ihre Figuren partnerschaftliche Liebesbeziehungen, die von Respekt gekennzeichnet sind.”
Regelmäßig bietet die Professorin Seminare über Jane Austen an und fährt auch mit ihren Studentinnen und Studenten nach Großbritannien, um auf den Spuren Austens zu wandeln. In Bath, wo die Autorin zeitweise lebte, gibt es zum Beispiel ein Jane-Austen-Center, das sehr gut besucht ist von Touristen aus aller Welt. Jedes Jahr im September gibt es ein großes Festival, zu dem Menschen sich in Kostüme im Regency-Stil kleiden.
Jane Austen, eine Pfarrerstochter, begann bereits mit zwölf Jahren zu schreiben. 1811 veröffentlichte sie ihr erstes Buch – “Verstand und Gefühl”. Zu ihren Lebzeiten war sie noch kein Star. Dass sie als Autorin tätig war – zu damaliger Zeit für eine Frau sehr unüblich – verheimlichte sie zunächst. “Der erste Roman erschien nicht unter ihrem Namen”, sagt Gymnich. Austen nutzte die Formulierung geschrieben “by a lady” (von einer Dame). “Sie hat eher zurückgezogen gelebt.”
Wie war Jane Austen? “Auf der Basis ihrer Bücher würde ich davon ausgehen, dass sie eine sehr schlagfertige Person war, die extrem gut mit Sprache umgehen konnte.” Und was auch wichtig sei: Die Beziehung zu ihrer Schwester Cassandra, die bis zu ihrem Tod sehr eng war. “Diese enge Beziehung zwischen Schwestern findet man auch in einigen der Romane wieder.”
1817 starb sie, mit nur 41 Jahren. Geheiratet hat sie selbst nie – vielleicht hat sie niemanden gefunden, der ihrem Ideal entsprach? “Alles ist wünschenswerter und erträglicher als eine Heirat ohne Liebe”, soll sie an ihre Nichte geschrieben haben.
Lebensweisheiten, Humor, lebendige Dialoge: “Es gibt ganz viele Gründe, warum man Jane Austen heute noch lesen sollte”, sagt Gymnich. “In der heutigen Welt mit all ihren Krisen ist vielleicht auch einer, dass man weiß, dass man am Ende ein Happy End bekommt.”