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Forschungsverbund: Opfer von SED-Unrecht bis heute stigmatisiert

Prädikat verstörend: Auch 35 Jahre nach der Wende wirkt das in der DDR begangene Unrecht weiter an den davon Betroffenen. Dies haben Ost-Wissenschaftler nach drei Jahren Forschung herausgefunden.

Hat das SED-Unrecht auch 35 Jahre nach der Wende immer noch negative Effekte? Ein Forschungsverbund der Universitäten Leipzig, Jena, Magdeburg und Rostock kommt nach dreijährigen Untersuchungen zu diesem Ergebnis. “Die Geschichten der Opfer von SED-Unrecht sind verstörend. Viele erfahren auch heute noch Ausgrenzung, oft bedingt durch die bürokratischen Strukturen, denen sie ausgesetzt sind”, sagte der Professor für Psychiatrie an der Universität Leipzig, Georg Schomerus, am Donnerstag.

Schomerus hat herausgefunden, dass es Betroffene beim Zugang zu Sozial- und Gesundheitsleistungen besonders schwer haben. “Menschen mit SED-Unrechtserfahrung werden tatsächlich von Mitarbeitern im Gesundheitssystem häufig negativer gesehen als Menschen ohne solche Erfahrungen.” Hier müsse eine Sensibilisierung für die Bedürfnisse dieser Gruppe erfolgen, so der Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie vom Universitätsklinikum Leipzig weiter.

Jörg Frommer von der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg betont die gesundheitlichen Langzeitfolgen von SED-Unrecht. Das betreffe nicht nur ehemals politisch Inhaftierte, die um Wiedergutmachung kämpfen. Auch Opfer von Schädigungen im Gesundheitswesen, zum Beispiel durch Hepatitisvirus-verseuchte Spritzen, litten bis heute, so Frommer, der das Forschungsprojekt auf den Weg gebracht hatte.

Ein Fachbeirat, zu dem unter anderen die sechs Landesbeauftragten zur Aufarbeitung der SED-Diktatur und die SED-Opferbeauftragte, wie auch Personen aus Wissenschaft und Betroffenenverbänden zählen, unterstützte den Forschungsverbund. Eine Online-Literaturdatenbank soll künftig dazu dienen, die Forschungsergebnisse weiter zu verbreiten. Der Forschungsverbund wurde vom Beauftragten der Bundesregierung für Ostdeutschland gefördert.