Je größer die Armutsgefahr, desto mehr Stimmen für Rechtsextreme – zu diesem Ergebnis kommen Berechnungen des ifo-Instituts. “Wenn der Anteil von Haushalten unter der Armutsgrenze um einen Prozentpunkt steigt, steigt der Stimmenanteil von rechtsextremen Parteien um 0,5 Prozentpunkte bei Bundestagswahlen”, teilte das Institut in München mit. “Das ist statistisch und politisch bedeutsam”, sagte ifo-Forscher Florian Dorn. Denn zwischen 1998 und 2017 sei der Anteil der ärmeren Haushalte um 1,9 Prozentpunkte gestiegen.
Erhöhe sich die Armutslücke um einen Prozentpunkt, steige der Stimmenanteil rechtsextremer Parteien sogar um 1,2 Prozentpunkte, hieß es weiter. Die Armutslücke messe den durchschnittlichen Abstand der Haushaltseinkommen zur Armutsgrenze. Die Armutsgrenze wiederum sei definiert als 60 Prozent des mittleren Einkommens.
Mehr Armut in Osten, mehr Stimmen für Rechtsextreme
Laut ifo-Institut sind die Effekte in Ostdeutschland deutlich stärker als im Westen. Keine bedeutsamen Unterschiede gebe es indes zwischen Stadt und Land. Mehr Stimmen für rechtsextreme Parteien verzeichneten alle Einkommensgruppen. Am stärksten sei der Zuwachs in den unteren 40 Prozent.
Ifo-Forscher Florian Dorn erklärte: “Wer Populismus bekämpfen will, muss die wirtschaftlichen Probleme des Landes lösen. Eine besondere Bedeutung scheint zudem eine effektive Struktur- und Wirtschaftspolitik für strukturschwache Regionen zu haben.” Von strukturellem und digitalem Wandel betroffene Menschen bräuchten glaubhafte Chancen und Zukunftsaussichten. “Die Ausgestaltung des Sozialsystems sowie des Bildungs- und Ausbildungssystems spielen eine entscheidende Rolle, um das Vertrauen in die Demokratie zu stärken.”
Berechnungen zwischen 1998 und 2017
Für diese Berechnungen ausgewertet haben Dorn und seine Kollegen Florian Neumeier und David Gstrein Daten des Sozio-ökonomischen Panels (SOEP), des Mikrozensus sowie der Bundestagswahlergebnisse auf regionaler Ebene. Es wurden alle nationalistischen oder rechtsextremen Parteien in die Analyse einbezogen, die zwischen 1998 und 2017 zur Bundestagswahl antraten.
