Forscher: Naturkatastrophen können Trauma und Depression auslösen

Mehr Angst- und Traumafolgestörungen, mehr Depressionen: Umweltkatastrophen gehen mit einer ganzen Reihe von psychischen Belastungen einher. Um dem etwas entgegenzusetzen, raten Fachleute zu einem konkreten Schritt.

Die Klimakrise setzt vielen Menschen auch seelisch zu: Das beobachten Forschende am Deutschen Zentrum für Psychische Gesundheit. “Naturkatastrophen gehen mit einem Anstieg von Depressionen, Angst- und Traumafolgestörungen einher”, sagte der Mannheimer Psychiater Andreas Meyer-Lindenberg. Dies habe sich zuletzt bei den Hochwasserlagen im Ahrtal, im Saarland und in Bayern beobachten lassen, sei aber auch aus der Zeit nach dem Wüten von Hurrikan “Katrina” in den USA bekannt.

Hinzu kommen laut dem Leiter der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie an der Berliner Charite, Andreas Heinz, die Trauer um den Verlust einer intakten Umwelt sowie Ängste vor einer ungewissen Zukunft. “Egal, wohin der Mensch blickt: Er sieht die Zerstörung von Lebensräumen”, so der Forscher. “Das erschwert Entspannung und belastet die Seele.”

Ein Weg, mit belastenden Gefühlen umzugehen, sei, sich Gestaltungsspielräume zu schaffen, sagte Meyer-Lindenberg. “Sinnvolle Arbeit oder Ehrenämter, die der Umweltkrise etwas entgegensetzen und eine Lebensweise, die die Probleme der Gegenwart nicht ignoriert, können ein wirksamer Schritt gegen Verzweiflung sein.” Zwar könne niemand die Umweltkrise im Alleingang lösen, aber der Versuch, mit dem eigenen Verhalten gegen die Umweltkrise zu wirken, könne die eigene seelische Widerstandskraft erhöhen.

Es brauche weitere Forschung dazu, wie man negativen psychischen Folgen im Zusammenhang mit der Klimakrise vorbeugen könne, ergänzte Meyer. Zudem gebe es offene Fragen zur Versorgung: Etwa Angststörungen seien oftmals gut therapierbar; die sogenannte Klimaangst beziehe sich jedoch auf eine rationale Sorge und einen nicht endenden Zustand. Räumliche oder zeitliche Distanz seien somit keine therapeutisch einsetzbaren Hilfsmittel, im Gegensatz etwa zu Ängsten, die aus einer von Gewalt geprägten Kindheit stammten.

Beide Professoren sind Sprecher des Deutschen Zentrums für Psychische Gesundheit, das seit gut einem Jahr an sechs Standorten den Austausch zwischen Wissenschaft und Betroffenen verbessern sowie über psychische Erkrankungen aufklären will. Im kommenden Jahr ist die Gründung eines “One Mental Health Hub” geplant, der die Zusammenhänge zwischen Menschen, Tieren, Pflanzen und Umwelt im Bezug auf psychische Gesundheit beleuchten soll.