Forscher empfiehlt: Weniger Gottesdienste, mehr Konfi-Treffen

Die Zahl der Gottesdienste halbieren und stattdessen mehr Angebote für Jugendliche schaffen – das regt der Ludwigsburger Professor für Gemeindepädagogik, Wolfgang Ilg, an. Vor der Synode der Evangelischen Landeskirche in Württemberg sagte Ilg am Samstag in Stuttgart, es gebe in Württemberg jeden Sonntag über 1.000 „fast identische“ evangelische Gottesdienste, die aber für junge Leute kaum Relevanz hätten. Um mehr junge Menschen zu gewinnen, könnte man alternativ zum Beispiel Nachtreffen der Konfirmanden aus den zurückliegenden fünf Jahren veranstalten. „Laden Sie diese zum Pizzaessen ein – das entspricht ungefähr den Heizkosten eines Gottesdienstes“, sagte der Wissenschaftler.

Ilg sprach beim Themenschwerpunkt der Synode, in dem es darum ging, wie junge Menschen zum Glauben finden. Studien zeigten, dass die Konfirmandenzeit die stärkste Prägung auf Jugendliche habe, sagte er. Mehr als 80 Prozent eines evangelischen Altersjahrgangs gingen in den Konfirmandenunterricht. Während Taufen von Erwachsenen in der württembergischen Landeskirche fast gar nicht vorkämen, ließen sich jährlich rund 1.000 Konfirmandinnen und Konfirmanden taufen, weil sie nicht als Baby getauft worden waren.

Ein weiterer Schlüssel, jungen Menschen den christlichen Glauben nahezubringen, ist laut Ilg eine attraktive Jugendarbeit. Dort gebe es Raum für die Beziehung zu anderen Menschen, zu Gott und zu sich selbst, ergänzte der Forscher.

Patrick Todjeras, Leiter des Werks für Evangelisation und Gemeindeaufbau der Evangelischen Kirche in Österreich, sieht in sozialen Medien heute einen Schlüssel, um junge Menschen mit dem Glauben in Kontakt zu bringen. Im vergangenen Jahr seien die 12- bis 19-Jährigen in Deutschland täglich 3,7 Stunden online gewesen. Wenn dort die christliche Botschaft nicht auftauche, gebe es sie für junge Leute auch nicht. So habe ein Jugendpastor festgestellt: „Die theologische Prägung meiner Jugendlichen in der Gemeinde passiert auf TikTok.“

Eine Studie mit 2.500 Menschen hat laut Todjeras ergeben, dass zwei von drei Minderjährigen von Glaubenserfahrungen durch Instagram berichteten. 56 Prozent aller Befragten gaben an, dass sie durch Inhalte auf dieser Plattform eine Veränderung in ihrem Glauben erlebt oder zum Glauben gefunden haben. Doch auch im Alltag eines Christenlebens sollte es selbstverständlich sein, die Botschaft von Jesus Christus anderen mitzuteilen, sagte der Theologe. (0595/16.03.2024)