Forscher: Auswirkung von Desinformationen wird überschätzt

Desinformationen und “Fake News” gefährden unsere Demokratie? Einige Forscher finden diese Befürchtungen weit überzogen. Dennoch gibt es konkrete Gefahren aus Desinformationen – gegen die man sich schützen kann.

Die Angst vor schädlichen Desinformationen im Netz ist in Deutschland aus Sicht von Forschern oft überzogen. Zwar verbreiteten Akteure aus dem In- und Ausland strategische Desinformation für ihre Zwecke, sagte der Leipziger Kommunikationswissenschaftler Christian Hoffmann dem Wissenschaftsportal “Science Media Center” (Dienstag). “Aber es gibt keinen Anlass, unsere Demokratie dadurch als gefährdet zu betrachten.”

Als Desinformation definieren die Forscher “die absichtsvolle, strategische Verbreitung von Informationen mit Täuschungsabsicht”. Diese sei nicht deckungsgleich mit Misinformation, die im guten Glauben an die Korrektheit einer Nachricht unabsichtlich verbreitet werde. Den Begriff “Fake News” lehnen sie hingegen als unwissenschaftlich und verzerrend ab.

Hoffmann verwies etwa auf russische Desinformationskampagnen im Kontext des Krieges in der Ukraine. Diese blieben in Deutschland “bisher praktisch wirkungslos”. Zudem verlasse sich die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung weiterhin auf seriöse Quellen, die Skepsis gegenüber Inhalten in Sozialen Netzwerken sei groß. Die hohe mediale Aufmerksamkeit für das Thema habe aber unbegründete Ängste geschürt. “Hier ist ein gesundes Maß im Umgang mit dem Thema noch nicht gefunden”, erklärte Hoffmann.

Journalisten forderte er auf, die Qualität ihrer Quellen kritisch zu prüfen, vor allem, wenn sie von Nichtregierungsorganisationen kämen. Und: “Nicht jede Desinformation muss berichtigt werden. Wenn Massenmedien eine Desinformation aufgreifen, um sie zu berichtigen, erhält die Desinformation dadurch oft erst eine viel größere Verbreitung als sie es vorher hatte.”

Ähnlich äußerte sich die Medienpsychologin Lena Frischlich: “Die Idee, dass da eine Falschnachricht im Netz kursiert, und dann wählen die Leute plötzlich die Untergrund-Partei, ist (…) unbegründet.” Jedoch könnten Desinformationen ein Problem werden, wenn sie an gesellschaftlichen Bruchstellen, wie Ungleichheit, Polarisierung und Vertrauensverlust ansetzten. “Gerade, wenn dann noch ein verschwörungstheoretischer Spin dazu kommt, der zum Beispiel das Vertrauen in die Demokratie weiter erschüttert oder Intergruppenkonflikte anheizt, kann das Vorurteile fördern und den demokratischen Meinungsbildungsprozess erschweren”, erklärte die im dänischen Odense lehrende Wissenschaftlerin.

Wichtig sei es, sich widerstandsfähig gegen Desinformation zu machen, betonte Frischlich. “Man kann sich auch auf jeden Fall klarmachen, dass es wichtig ist, nur zutreffende Inhalte zu teilen und sich die Zeit nehmen, vor Klicks, Likes, und Shares einmal durchzuatmen.”