Forscher: Artenvielfalt in europäischen Flüssen gestiegen

Eingewanderte Tiere finden sich nach Erkenntnissen eines internationalen Forschungsteams in städtischen Gebieten besser zurecht als die heimischen Tiere. Das kann zu einem Problem führen.

Wenn sich fremde Tiere anfangen, wohl in deutschen Flüssen zu fühlen, verdrängen sie damit einheimische Arten
Wenn sich fremde Tiere anfangen, wohl in deutschen Flüssen zu fühlen, verdrängen sie damit einheimische ArtenImago / blickwinkel

Die Artenvielfalt in europäischen Flüssen hat nach Erkenntnissen eines internationalen Forschungsteams in den vergangenen 50 Jahren zugenommen. Allerdings sei der Aufschwung seit den 2010er Jahren ins Stocken geraten, teilte die Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung in Frankfurt mit. Zwischen 1968 und 2020 habe die Artenvielfalt in Flüssen in 22 europäischen Ländern pro Jahr um 0,73 Prozent zugenommen und die Häufigkeit der Arten um 1,17 Prozent im Jahr.

„Diese Zuwächse traten jedoch hauptsächlich vor 2010 auf und haben sich seitdem leider auf einem mehr oder weniger gleichbleibenden Niveau eingependelt“, sagte der Studienleiter, der Zoologe Peter Haase. Die Zunahme der biologischen Vielfalt in den 1990er und 2000er Jahren sei wahrscheinlich auf die Verbesserung der Wasserqualität und Renaturierungsmaßnahmen zurückzuführen. Die anschließende Stagnation deute auf eine Erschöpfung der bisherigen Maßnahmen hin. Der am Dienstag in der Fachzeitschrift „Nature“ veröffentlichten Studie liegen den Angaben zufolge 714.698 Beobachtungen von 2.648 Arten aus 26.668 Proben zugrunde.

Eingewanderte Tiere finden sich in stärker belasteten Flussabschnitten zurecht

Eingewanderte Arten spielen in den Gewässern inzwischen eine relevante Rolle. Auf der Grundlage eines Teildatensatzes lasse sich zeigen, dass rund 70 Prozent der Flussabschnitte nicht-heimische Arten aufweisen, sagte die Senior-Autorin Ellen Welti. Deren Anteil belaufe sich auf 4,9 Prozent der Arten und 8,9 Prozent der Individuen. Die eingewanderten Tiere fänden sich in städtischen Gebieten und stärker belasteten Flussabschnitten besser zurecht als die heimischen Tiere. „Dies könnte zu einem Verlust seltener und empfindlicher einheimischer Arten führen“, sagte Welti.

Die Maßnahmen in der EU gegen die Verschmutzung und Beschädigung der Wasser-Ökosysteme hätten ab etwa 1980 zu einem deutlichen Rückgang der organischen Verschmutzung und der Versauerung der Gewässer geführt. Dennoch sei die biologische Qualität der Flüsse nach wie vor vielerorts unzureichend, und die Stressfaktoren nähmen weltweit weiter zu. Die Forscher schlagen daher weitere Maßnahmen zur Verbesserung der Wasserqualität vor.

So sollten Abwassernetze ausgebaut und Kläranlagen verbessert werden, um ein Überlaufen bei Starkregen zu verhindern sowie Mikroverunreinigungen und Nährstoffe wirksamer zu entfernen. Die Landwirtschaft solle weniger Dünge- und Pflanzenschutzmittel einsetzen. Flussangrenzende Gebiete sollten zur gefahrlosen Ausbreitung von Überschwemmungen und zur Anpassung an künftige Klimabedingungen bereitgestellt werden. Die biologische Vielfalt solle schließlich zusammen mit anderen Umweltdaten überwacht werden.