Fontane-Preis 2023 geht an Matthias Nawrat

Fünf Romane in zehn Jahren und nun ein erster Band mit Gedichten: Der Berliner Schriftsteller Matthias Nawrat wird mit einer der höchstdotierten Literaturauszeichnungen in Deutschland geehrt.

Schriftsteller Matthias Nawrat wurde im polnischen Opole geboren
Schriftsteller Matthias Nawrat wurde im polnischen Opole geborenImago / STAR-MEDIA

Der Fontane-Literaturpreis 2023 geht an den Berliner Schriftsteller Matthias Nawrat. Der 43-Jährige werde für seinen Lyrikband „Gebete für meine Vorfahren“ gewürdigt, sagte Brandenburgs Kulturministerin Manja Schüle (SPD) in Potsdam. Die mit 40.000 Euro dotierte Auszeichnung des Landes Brandenburg und der Stadt Neuruppin soll am 24. August in der Kulturkirche der Stadt überreicht werden.

Neuruppin ist die Geburtsstadt des märkischen Schriftstellers Theodor Fontane (1819-1898). Die Auszeichnung wird als 24-monatiges Stipendium an Autorinnen und Autoren verliehen, die mit ihrem Werk erstmalig herausragendes öffentliches Interesse gefunden haben. Nawrats Gedichtband wurde im vergangenen Jahr veröffentlicht.

Auszeichnung gehört zu den höchstdotierten deutschen Literaturpreisen

Schüle sagte, die Auszeichnung gehöre zu den höchstdotierten deutschen Literaturpreisen. Nawrat stehe nach zahlreichen Würdigungen für sein bisheriges Prosa-Werk am Beginn seiner lyrischen Karriere und erfülle mit dem Gattungswechsel auch die Kriterien des Fontane-Preises. Der im polnischen Opole geborene Schriftsteller befasse sich mit Themen, die große Literatur ausmachen. Dazu gehöre das „menschliche Ringen zwischen Ego und Empathie“ ebenso wie die Suche nach Identität zwischen Herkunft und Zukunft.

Der Jury-Vorsitzende Iwan-Michelangelo D’Aprile sagte, der Preisträger thematisiere wie kaum ein anderer jüngerer Gegenwartsautor auch die deutsch-polnische Geschichte und setze sich mit der Gewaltgeschichte des 20. Jahrhunderts auseinander. Nawrats Stil zeichne sich durch „souveräne Gelassenheit, feinen Humor, poetische Dichte und höchstes Reflexionsniveau“ aus. Mit dem Gedichtband sei ein „literarisches Kondensat seines Schreibens“ erschienen.

Nawrat: „Schläfrigkeit des Bürgertums“ überwinden

Nawrat sagte, seine Literatur stehe für Verantwortung und Mitmenschlichkeit. Aufgabe des Schriftstellers sei, sich mit Humanismus und Abgründen der Menschen zu beschäftigen. In Zeiten des erstarkenden Faschismus in Europa müsse die „Schläfrigkeit des Bürgertums“ überwunden werden, betonte er. In der Literatur könne „eine andere Welt aufschimmern“, in der jeder Mensch geachtet werde.

Der Fontane-Literaturpreis hat mehrere Vorgänger. Er wurde erstmals von 1913 bis 1922 vergeben, unter anderem an Annette Kolb, Leonhard Frank, Carl Sternheim und Alfred Döblin. Nach 1949 gab es zwei Fontane-Preise: Den West-Berliner Preis erhielten unter anderem Peter Huchel, Uwe Johnson, Arno Schmidt, Günter Grass, Wolf Biermann und Wolfgang Hilbig. Den Preis des DDR-Bezirks Potsdam erhielten unter anderem Christa Wolf und Helga Schütz.

1994 wurde der Fontane-Literaturpreis von der Stadt Neuruppin neu gestiftet. Preisträger waren unter anderem Friedrich Christian Delius, Christoph Ransmayr und Josef Bierbichler. Seit 2010 wird die Auszeichnung alle zwei Jahre vergeben, seit dem Fontane-Jahr 2019 gemeinsam mit dem Land Brandenburg. Im Jubiläumsjahr zu Fontanes 200. Geburtstag wurde 2019 die Schriftstellerin Peggy Mädler für ihr Werk „Wohin wir gehen“ ausgezeichnet. 2021 ging der Preis an Judith Zander, die für ihren Roman „Johnny Ohneland“ geehrt wurde.