Flüchtlingsrat: Abschiebung von Jesiden sofort stoppen

Vor der am Mittwoch beginnenden Innenministerkonferenz haben die Hilfsorganisation „Pro Asyl“ und der Flüchtlingsrat Niedersachsen einen sofortigen bundesweiten Abschiebestopp für Jesidinnen und Jesiden gefordert. Ihnen müsse aus völkerrechtlichen und humanitären Gründen eine dauerhafte Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, sagte der Geschäftsführer des Flüchtlingsrats, Kai Weber, am Mittwoch in Hannover. Obwohl die Verfolgung der Jesiden durch die Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) vom Bundestag im Januar einstimmig als Völkermord anerkannt worden sei und die Lage im Irak weiterhin gefährlich sei, würden Jesiden vermehrt abgeschoben.

Im ersten Quartal des zu Ende gehenden Jahres wurden laut Weber 15 Menschen in den Irak abgeschoben, im zweiten 27 und im dritten 68. An den Rückführungen beteiligten sich die meisten Bundesländer. Lediglich Niedersachsen, Bremen und Berlin schöben Jesiden bisher nicht ab. „Wir befürchten aber, dass sich das ändern könnte“, sagte Weber. Hintergrund für die Abschiebungen sei ein Rückführungsabkommen mit dem Irak.

Weber betonte, es sei für Jesiden unzumutbar, in das „Land der Täter“ zurückzukehren. Holger Geisler, ehemaliger Sprecher des Zentralrats der Jesiden in Deutschland, sprach von einer gelungenen Integrationsgeschichte in Deutschland. „Diese Abschiebungen sind wie eine Fortführung des Genozids, den der IS nicht vollendet hat“, sagte er.

Nach Angaben von Geisler gibt es rund 1,2 Millionen Jesiden weltweit. Davon lebten etwa 300.000 in Deutschland. 30.000 seien von der Abschiebung bedroht, da sie nur über eine Duldung verfügen.

Von 2014 bis etwa 2016/2017 haben IS-Kämpfer in Nordsyrien und im Nordirak einen Völkermord an den Jesiden verübt. Nach Angaben der Vereinten Nationen wurden 5.000 bis 10.000 Angehörige der ethnisch-religiösen Gemeinschaft systematisch ermordet. Rund 7.000 Menschen wurden entführt, Tausende Kinder und Frauen vergewaltigt und versklavt.