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Floridas Abschiebegefängnis “Alligator Alcatraz” sorgt für Angst

Florida: Das sind weiße Sandstrände, Palmen und viel Spaß. Mit der Haftanstalt “Alligator Alcatraz” ist der Bundesstaat unter Migranten nun zum Symbol der Angst geworden. Ein Erzbischof findet deutliche Worte.

Die Everglades in Florida sind längst zum riesigen Freizeitpark geworden. Airboat-Betreiber laden zu Spazierfahrten durch das Sumpfgebiet ein. Ihre mit Propellern betriebenen Schnellboote sind aus der legendären TV-Serie “Miami Vice” der 1980er Jahre bekannt. Auch indigene Dörfer oder Casinos laden zum Besuch ein. Seit einigen Wochen aber sorgt das sogenannte “Alligator Alcatraz” für Aufsehen, das nur wenige Meilen entfernt von den Ferienaktivitäten aus dem Boden gestampft wurde.

Dabei handelt es sich um ein auf einem ehemaligen Flughafengelände in Rekordzeit aufgebautes Abschiebegefängnis. Die Regierung von Präsident Donald Trump behandelt das Areal wie eine Hochsicherheitszone. Anwälten der dort inhaftierten Migranten wird der Zugang verweigert. Kommunalpolitiker müssen sich den Zutritt einklagen und werden dann auch noch nur in ausgesuchte Teile der Haftanstalt geführt.

Auch unabhängige Journalisten dürfen das Gelände nicht betreten. Vertreter der Nationalgarde verweisen freundlich aber sehr bestimmt darauf, dass an der Zufahrtsstraße zum Gefängnis, die noch einige hundert Meter vom “Alligator Alcatraz” entfernt liegt, die Reise zu Ende ist. Wer aussteigt, bekommt es erst einmal mit Insektenschwärmen zu tun, die beißen und stechen.

Laut Trump soll das Gefängnis Schwerverbrecher, Kriminelle oder wie er sie nennt “Monster” beherbergen. Ob das tatsächlich so ist, daran gibt es Zweifel. Die Lokalzeitung “Miami Herald” hat recherchiert, dass von mindestens einem Drittel dort Inhaftierten keinerlei Vorstrafen bekannt sind. Diese Recherchen widersprechen also den Aussagen der Regierung.

Am Wochenende legte Floridas republikanischer Gouverneur Ron DeSantis nun nach. Berichten über Insektenbefall, verdorbenes Essen, Duschverbot und drangvolle Enge konterte er mit der Aufforderung zur Selbstabschiebung: “Du kannst dir dein Flugticket nehmen und gehen”. Die für den Betrieb des Gefängnisses zuständige Behörde nennt die Vorwürfe erfunden.

Das alles sorgt in der Latino-Hochburg Miami für “Panik” unter der lateinamerikanischen Community, wie es in lokale Medien heißt. Migrationsanwälte berichten darüber, dass die Anfragen zurückgehen: In den USA lebende Migranten ohne derzeit gültige Aufenthaltspapiere rechnen sich kaum noch Hoffnung aus, in den Vereinigten Staaten Schutz zu erhalten.

Die Zahl der Selbstabschiebungen nimmt zu, dafür die Zahl der Grenzübertritte ohne gültige Aufenthaltsgenehmigungen deutlich ab. Die zuständige Grenzschutzbehörde CBP berichtete im Juni von der historischen niedrigsten Zahl von 25.228 “Begegnungen”, wie es in der Amtssprache heißt. Im Vergleich zu den vergangenen Jahren ist die Migrationsbewegung in Richtung USA damit praktisch zum Erliegen gekommen.

Inzwischen hat sich auch die katholische Kirche eingeschaltet: “Selbst der Name ‘Alligator Alcatraz’ ist eine grausame Verhöhnung des Leids, das diese Menschen erdulden müssen”, sagte Miamis Erzbischof Thomas Wenski vor wenigen Tagen in einem Interview mit Diözesanmedien. “Wir haben ein Internierungslager mitten im Dschungel, umgeben von Schlangen, Alligatoren, Mücken und vielem mehr. Das ist eine unmenschliche Situation”.

Darüber hinaus veröffentlichte die Erzdiözese Miami eine Erklärung der US-Kirche, die der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) vorliegt. Darin heißt es: “Die USA sehen sich in vielen Branchen, darunter im Gesundheitswesen, im Dienstleistungssektor und in der Landwirtschaft, mit einem Arbeitskräftemangel konfrontiert. Die Abschiebung von Arbeitsmigranten würde diesen Mangel nur noch verschärfen.”

Damit trifft die Kirche einen Punkt, den bereits Unternehmerverbände aus der Gastronomie, dem Agrarsektor oder dem Baugewerbe ansprechen. Denn die Latino-Community stellt hier einen ganz erheblichen Anteil an Arbeitskräften bei der Ernte, in den Hotels oder auf Baustellen. Ob das allerdings denn knallharten Abschiebekurs der US-Regierung aufhalten kann, bleibt abzuwarten. Zunächst einmal füllt sich das das neue Gefängnis in den Everglades.