Flammenzungen sind neben der Taube das Symbol für Pfingsten

Feuer zerstört! Aber an Pfingsten sind Flammen positiv besetzt: der Heilige Geist kam so auf die Jünger herab. Zur Kulturgeschichte eines recht wandelbaren Elementes.

Glühbirne, Elektroherd und Zentralheizung – weil im menschlichen Alltag der Nutzen von Feuer ersetzt wurde, bringen wir es heute meist mit Negativem in Verbindung: Waldbrände und Feuerkatastrophen. Aber was oft für Zerstörung und Ende steht, erhält gerade beim christlichen Pfingstfest eine positive Bedeutung. Flammen über den Köpfen der Jünger sind ein klassisches Pfingstmotiv in der Malerei, das das Feuer als Symbolik für das Fest des Geburtstags der Kirche aufnimmt.

Der Evangelist Lukas beschreibt das Pfingstereignis in der Apostelgeschichte so: Den Jüngern erschienen “Zungen wie von Feuer, die sich verteilten; auf jeden von ihnen ließ sich eine nieder. Alle wurden mit dem Heiligen Geist erfüllt und begannen, in fremden Sprachen zu reden, wie es der Geist ihnen eingab.” Die Jünger waren Feuer und Flamme vom Heiligen Geist und haben sich an ihm nicht das Haupthaar versengt.

In den Anfängen der Menschheitsgeschichte dominierten noch die Ängste vor dem Feuer. In der Hominisation, also der Charakterbildung des modernen Menschen, sind das Zähmen von Wildfeuern wie Blitzeinschlägen und später die Kunstfertigkeit des Feuerentfachens wichtige Schritte der Menschwerdung. Diese Kulturtechniken sind Bestandteil unserer Zivilisation. Feuer brachte Wärme in die Höhlen, Licht in die Dunkelheit und Schutz vor Insekten sowie Raubtieren. Fleisch konnte zudem durch Räuchern haltbarer gemacht, Nahrung durch Erhitzen von Bakterien befreit werden, später kamen Techniken wie das Härten von Ton und das Schmelzen von Erzen dazu.

Nicht nur in frühen naturwissenschaftlichen Konzepten spielte das Feuer als Element neben Erde, Wasser und Luft eine heiße Rolle. Auch die religiöse Bedeutung des Feuers ist schon früh in Mythen zu entdecken. Der griechische Feuerbringer Prometheus und sein persischer Zündelkollege Huschang sind Beispiele dafür. Nicht zu vergessen der verbrannte Vogel Phönix, der aus seiner Asche zu neuer Pracht entsteht. Das Bild eines Neuanfangs nach einer großen Niederlage wird oft verwendet, sei es im Sport als Maskottchen oder in der Literatur wie etwa im Bestseller Harry Potter.

Im Judentum und Christentum sind im Alten Testament der Bibel Feuer und Rauch als Begleitbilder einer Gotteserscheinung zu finden. So erscheint bei Moses der Engel des Herrn im brennenden Dornbusch. Das Fegefeuer entzündete sich hingegen erst im 12. Jahrhundert. Nach dem Tod sollten demnach die Christen einen Prozess der Läuterung durchleben, um die letzten Sünden schmerzhaft abzubüßen.

Schöner sind dann eher die Vorstellungen in kirchlichen Liedern: “Einer hat uns angesteckt / Mit der Flamme der Liebe / Einer hat uns aufgeweckt / Und das Feuer brennt hell” oder das Pfingstlied “O, dass doch bald dein Feuer brennte”.

Die positive Sichtweise auf “Feuer und Flamme sein” stammt wohl daher, dass früher die Bewahrung von Feuer und Flamme im eigenen Herd auf die Führung eines eigenen Haushalts hinwies. Das Löschen von Feuer und Flamme der Herdstelle eines Missetäters galt indes als Verwüstungsstrafe. Kulinarisch bekommt man dagegen eher Kohldampf – denn wer würde bei Flammkuchen, Flammlachs oder Feuerzangenbowle abwinken?

Auch der von Reformer Martin Luther (1483-1546) geprägte Begriff Feuereifer machte eine Wandlung durch. In seiner Bibelübersetzung ist im Paulus-Brief an die Hebräer von Feuereifer die Rede, “der die Widersacher verzehren wird”. Erst später änderte sich die darin zerstörerisch gemeinte Kraft des Feuers. So schrieb Fontane 1856 über den Neuruppiner Maler Wilhelm Gentz (1822-90), dieser habe sich als 67-Jähriger in Nordafrika “mit jugendlichem Feuereifer, rastloser und angestrengtester Tätigkeit” hingegeben. In der aktuellen Lutherbibel heißt es nun auch: “Ein wütendes Feuer, das die Widersacher verzehren wird”.

Feuereifer galt als Zeichen unermesslicher Hingabe. Kein Wunder, dass ab dem 18. Jahrhundert auch die metaphorische Ableitung einer “Flamme” genutzt wurde: Ein Mädchen, in das ein Mann verliebt und für welches er entflammt ist. In einem Volkslied von damals hieß es zudem: “Kein Feuer, keine Kohle kann brennen so heiß, / Als heimlich stille Liebe, von der niemand nichts weiß.”