Finanznot von Flüchtlingsberatungen beschäftigt Landtag

Die finanzielle Not von Trägern niedrigschwelliger Integrations- und Sozialberatung für Flüchtlinge ist am Mittwoch Thema im Integrationsausschuss des nordrhein-westfälischen Landtags. Auf Antrag der SPD-Fraktion thematisieren Beratungsstellen sowie Experten aus Kommunen, Wohlfahrt und Wissenschaft in ihren Stellungnahmen das Problem für Träger und Einrichtungen. Eine mit Verspätung erfolgte Anpassung der Förderrichtlinien der Landesregierung für neue Projektlaufzeiten hat den vorliegenden Stellungnahmen zufolge die Konsequenz, dass Beratungen aufgegeben werden mussten und müssen, spezialisiertes Fachpersonal für Rechtsberatungen entlassen wurde oder von sich aus kündigte.

Einzelne Trägervereine wie die Griechische Gemeinde Castrop-Rauxel, das Café Zuflucht mit Rechtsberatung und der Verein Refugio aus Aachen berichten dem Ausschuss unter anderem, dass eine finanzielle Vorleistung zur Überbrückung nicht zu leisten beziehungsweise eine Kreditfähigkeit für Geldinstitute nicht mehr gegeben sei. Die AWO Niederrhein kritisiert in einer Mitteilung von Dienstag zudem eine „miserable Zahlungsmoral“ von Bund und Land in Millionenhöhe.

Die SPD-Fraktion fordert von der schwarz-grünen Landesregierung, den Trägern der Programme unverzüglich pragmatische Lösungen zu gewähren. Die letzte Förderperiode der betreffenden Richtlinien habe die Jahre 2022 und 2023 umfasst. Nach Angaben des Familienministeriums seien für den Zeitraum ab dem Jahr 2024 eigentlich bereits zu Jahresbeginn neue Förderrichtlinien zu erstellen gewesen, erläutert die Fraktion. Diese wurden nach Angaben der Ruhr-Universität RUB mit Verspätung erst im Juli veröffentlicht.

Von der verspäteten Vorlage der Förderrichtlinien für den Projektzeitraum ab 2024 sind sogenannte Integrationsagenturen und Servicestellen für Antidiskriminierungsarbeit sowie das Programm „Soziale Beratung von Geflüchteten“ betroffen. Vonseiten der Arbeitsgemeinschaft der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege NRW heißt es: „Noch nie in der Geschichte dieses Programms waren so viele Stellen langfristig unbesetzt.“ Noch nie zuvor hätten sich so viele engagierte Träger gezwungen gesehen, aus der ‘Sozialen Beratung von Geflüchteten’ auszusteigen. Die Spitzenverbände werfen der Landesregierung zudem vor, mit ihrem Haushaltsentwurf für das Jahr 2025 dieses seit knapp 30 Jahren bestehende Programm zu zerschlagen.

Jörg Bogumil vom Lehrstuhl für öffentliche Verwaltung der Ruhr-Universität Bochum kritisierte, dass die Richtlinien für 2024 erst am 10. Juli dieses Jahres vorlagen. Dies müsse für die Zukunft vermieden werden, betonte er. Allerdings sehe der Haushaltsplanentwurf 2025 des Landes NRW eine Fortschreibung des Mittelansatzes in einer Gesamthöhe von 16,69 Millionen Euro für diesen Bereich vor. Als nicht sinnvoll bezeichnete er hingegen, dass sich die Förderung Interkultureller Zentren nun nicht mehr im Haushaltsplanentwurf 2025 befinde.

Die AWO Niederrhein kritisierte am Dienstag, dass derzeit nur „Integrationsarbeit auf Pump“ geleistet werden könne. Mit Stand Oktober schulde der Bund den AWO-Trägern am Niederrhein für das Jahr 2024 rund zwei Millionen Euro, kritisierte der AWO-Vorstand Michael Rosellen. Zusätzlich stehe das Land NRW mit mehr als zwei Millionen Euro in der Kreide. „Das sind vier Millionen, von denen die AWO-Träger am Niederrhein bislang keinen Cent gesehen haben.“