Filmtipp: „Empire of light“
Sam Mendes neuer Film ist eine Hommage an das Kino.
Die Schönheit in einem Bad aus Rosenblättern ist eine der legendären Filmszenen aus Sam Mendes oscarprämiertem Meisterwerk „American Beauty“ aus dem Jahr 1999. Mendes hat ein Faible für starke Bilder. Das zeigt auch sein jüngster Kinofilm „Empire of Light“
„Nothing happens without light“, nichts passiert ohne Licht, lässt Regisseur Sam Mendes die Figur eines Filmvorführers sagen. Licht und Schatten, das Spiel mit Farben, Nähe und Distanz – Mendes beherrscht die Klaviatur des Filmemachens und der Narration. Doch anders als bei seiner klugen Gesellschaftssatire von 1999 merkt man „Empire of Light“ diesen Ehrgeiz oft auch an: Er will Liebesgeschichte, Gesellschaftskritik und Liebeserklärung an das Kino zugleich sein.
Wie ein Monolith in Zeiten des Aufruhrs
Die Handlung des Films ist in den 1980er Jahren angesiedelt. Erzählt wird die Geschichte eines Kinos und seiner Mitarbeiter. Das „Empire Cinema“ steht in einer südenglischen Küstenstadt, die glanzvollen Zeiten der Sommerfrischen sind längst vorbei. Das „Empire“, dessen Innenleben den Glanz alter Tag noch erahnen lässt und hinter mancher Tür schon zur Ruine wird, steht wie ein Monolith im Ort, beinahe so, als würde es die Realität ignorieren. Margaret Thatcher regiert das Land mit harter Hand. Arbeitslosigkeit und Unzufriedenheit herrschen allerorts: Es ist eine Zeit gesellschaftlicher Verwerfungen, rassistischer Übergriffe und von Protest. Zeiten des Aufruhrs, um einen anderen Filmtitel Mendes zu bemühen.
Inmitten dieses Chaos’ stemmen sich die Mitarbeiter des Kinos gegen die Realität. Sie machen einfach das, was sie schon immer gemacht haben. Den Menschen eine Pause vom Alltag bieten. Die an Schizophrenie erkrankte Hilary (herausragend: Olivia Colman) arbeitet im „Empire“ als „Mädchen für alles“. Im wahrsten Sinne des Wortes, denn den Avancen des verheirateten Kinobesitzers Mr. Ellis (Colin Firth) vermag sich die unter dem Einfluss von starken Medikamenten stehende und dadurch fast gleichgültig wirkende Hilary nicht zu erwehren.
Die Illusion von Leben
Erst als Stephen (Micheal Ward) einen Job als Kartenabreißer beginnt, kommt Hilary in Bewegung. Nichts passiert ohne Licht. Als hätte jemand den Projektor angeworfen, beginnt Hilarys Figur zu leben. Zwischen beiden entwickelt sich erst Freundschaft, dann Liebe.
Einmal öffnet Filmvorführer Norman sein Reich, um Stephen das Handwerk zu zeigen. Dass allein das Licht die Filmbilder zum Leben erwecke und so erst die Illusion von Bewegung entstehe. Die Illusion von Leben. Eine Analogie, denn als Hilary ihre Medikamente absetzt und ein rassistischer Überfall auf das Kino Stephen fast das Leben kostet, endet für beide eine Illusion. Leben heißt auch mit Rückschlägen umzugehen. So bleibt am Ende der Satz, der im Foyer des „Empires“ an der Wand steht: „Find where light in Darkness lies“, fnde heraus, wo Licht im Dunkeln ist. „Empire of Light“ hat viele Nebenschauplätze und nicht auserzählte Geschichten. Aber wer Kino liebt, dem sei diese erstklassig besetzte Hommage an dasselbige ans Herz gelegt.
„Empire of Light“ (Großbritannien, USA 2022), ab Donnerstag, 20. April, im Kino.