Filme sind ihr Leben

Goldener Löwe von Venedig, Nominierungen für Oscar und Golden Globe, Deutsche Fernsehpreise und Filmpreise, Emmy-Award und Grimme-Preise: Die Liste der Auszeichnungen ist lang, die Regina Ziegler für ihre mehr als 500 Werke erhalten hat. Die Berliner Film- und Fernsehproduzentin zählt zu den Großen der Branche. Sie produzierte Fernsehserien wie „Weissensee“ und Kinofilme wie „Korczak“ und „In einem Land, das es nicht mehr gibt“. Am 8. März wird sie 80 Jahre alt.

Mit 29 Jahren schon hat die gebürtige Quedlinburgerin ihre eigene Firma gegründet, das war im Jahr 1973. Sie arbeitete damals als Produktionsassistentin beim Sender Freies Berlin, war verheiratet, ihre Tochter Tanja war 1966 auf die Welt gekommen. Klingt nach einer geruhsamen Perspektive. Bis, so erzählt sie immer wieder gern, der Regisseur Wolf Gremm in ihr Büro platzte und ihr vorschlug, mit ihm den Film „Ich dachte, ich wäre tot“ zu produzieren: die Geschichte eines Mädchens, das den Druck von Familie und Umwelt nicht aushält, einen Suizidversuch unternimmt und danach ein neues Verhältnis zu sich und der Umwelt finden muss.

Regina Ziegler lieh sich Geld, machte Schulden und produzierte den Film – es war der Anfang ihrer Karriere als „Minusmillionärin“, wie sie sich früher gerne selbst bezeichnet hat. 1977 wurde Gremm ihr zweiter Ehemann, und sie hat immer wieder auch seine Filme produziert.

Als Ziegler ihre Firma gründete, war die Filmproduktion, wie überhaupt das ganze Filmbusiness, eine reine Männerdomäne. Die resolute Produzentin – Kennzeichen: rote Haare und extravagante Hüte, Geschenke ihres Mannes – musste sich durchsetzen. Eine öffentliche Förderung für kulturelle Projekte wie heute gab es damals noch nicht. „Filme brauchen Geld. Sie sind aber ein Hochrisikogeschäft mit dem Zuschauer, dessen Geschmack man nicht immer oder nicht immer zur richtigen Zeit trifft“, schreibt sie in ihrer Autobiografie.

Ziegler war immer risikobereit. Mit Rosa von Praunheim drehte sie die „Berliner Bettwurst“ (1975), für „Heinrich“ (1977) der Autorenfilmerin Helma Sanders-Brahms gewann sie den Bundesfilmpreis, mit Gremm realisierte sie die Kästner-Verfilmung „Fabian“ (1979) und den legendären SciFi-Krimi „Kamikaze 1989“ (1982) mit Rainer Werner Fassbinder in seinem letzten Auftritt. Ihre zweite Produktion „Anna & Edith“ (1975) war wahrscheinlich der erste Film über eine lesbische Beziehung im deutschen Fernsehen.

Bis heute ist „Ziegler Film“, in die im Jahr 2000 ihre Tochter Tanja Ziegler als Geschäftsführerin einstieg, eine mittelständische Firma geblieben und nicht unter das Dach eines großen Konzerns oder einer Holding gezogen. Die Zieglers haften persönlich mit ihrem Vermögen.

Der Erfolg populärer Fernsehfilme und -serien aus dem Hause Ziegler wie „Die Landärztin“ mit Christine Neubauer hat der Firma jahrzehntelang finanzielle Rückendeckung gegeben, auch für ambitionierte Projekte. Mit „Ein Jahr der ruhenden Sonne“ von Krzysztof Zanussi feierte sie Mitte der 1980er Jahre ihren internationalen Durchbruch. Eines ihrer Herzensprojekte war „Korczak“ (1990) von Andrej Wajda, die Geschichte des polnischen Arztes, der mit den ihm anvertrauten Kindern aus dem Warschauer Ghetto in den Tod ging.

Aber Ziegler musste auch Misserfolge an der Kinokasse verkraften, wie „Solo für Klarinette“ (1998) mit Götz George oder zuletzt „Henri 4“ (2010), ein Big-Budget-Movie um den französischen König in der Zeit der Bartholomäusnacht. Für Aufsehen im TV-Bereich sorgten der Zweiteiler „Der Verleger“ (2001) über Axel Springer, „Im Schatten der Macht“ (2003) über Willy Brandts letzte zwei Wochen als Bundeskanzler und die in vier Staffeln aufgelegte Serie „Weissensee“ (ab 2010) um eine Familie, deren männliche Mitglieder bei der DDR-Staatssicherheit arbeiten.

Als sie 2018 mit dem Carl Laemmle Produzentenpreis ausgezeichnet wird, würdigt der Juryvorsitzende Martin Moszkowicz ihre „unbändige Energie“ und „charmante Beharrlichkeit“ und bescheinigte ihr „eine faszinierende Leidenschaft für ihren Beruf“.

Die schiere Menge der Preise, die in ihrem Büro stehen, ist für Regina Ziegler kein Grund, sich zur Ruhe zu setzen. „Filme sind mein Leben“, schrieb sie in ihrer Autobiografie, die den bezeichnenden Titel trägt „Geht nicht gibt’s nicht!“.

In jüngster Zeit konnte ihre Firma mit zwei Produktionen punkten, die sich mit der deutschen Vergangenheit beschäftigen. Im Oktober 2022 sendete die ARD den Fernsehfilm „Martha Liebermann – Ein gestohlenes Leben“, ein Kammerspiel über die Witwe des 1935 gestorbenen Malers Max Liebermann. Der Film dreht sich um die Ausgrenzung und Ausplünderung der jüdischen Bevölkerung, Martha Liebermann beging vor ihrer Deportation Suizid. Beim Fernsehfestival in San Remo wurde er als bester Film und Thekla Carola Wied als beste Darstellerin ausgezeichnet.

Und im Oktober 2022 startete auch in den Kinos der Spielfilm „In einem Land, das es nicht mehr gibt“ von Aelrun Goette, produziert von Tanja Ziegler: ein frischer Blick auf die Modeszene der späten DDR, der Klischees klug umschiffte und hervorragende Kritiken bekam.