In Italiens Städten herrscht an diesem Feiertags-Freitag Ruhe. In allen Städten? Nein, in einem kleinen Ort in den Albaner Bergen ist laute Feststimmung angesagt. Der Grund ist ein besonderer Besucher.
Stilecht gekleidet in den Vatikan-Farben gelb und weiß, wollten sie den Papst gar nicht mehr gehen lassen. Mehrfach schüttelten die zwei kleinen Jungen dem Kirchenoberhaupt die Hand, winkten begeistert der euphorischen Menge in Castel Gandolfo zu. Anders als die rund 2.500 Menschen hinter der Absperrung, durften die Kinder Leo XIV. vor seiner Sommerresidenz persönlich treffen – zum Abschluss seines öffentlichen Auftritts am Freitag. Fast den ganzen Vormittag lang begrüßte der 69-Jährige, der seit hundert Tagen Papst ist, die Menschen in dem Bergstädtchen in den Albaner Bergen.
Bereits zum zweiten Mal in seiner Amtszeit hat sich Leo für einige Tage auf dem Vatikan-Gelände rund 30 Kilometer südöstlich von Rom zurückgezogen. Doch am Freitag unterbrach er seine Auszeit für eine Messfeier in der örtlichen Kirche anlässlich des katholischen Hochfestes Mariä Himmelfahrt, also der Aufnahme Mariens in den Himmel. In seiner Predigt beklagte der Papst einen schwindenden Glauben, der manchmal mit materiellem Wohlstand einhergehe.
Nach seinem Mittagsgebet auf dem Hauptplatz von Castel Gandolfo bat er, die Hoffnung nicht aufzugeben – trotz des Gefühls von Machtlosigkeit angesichts der Gewalt in einer Welt, die taub und unsensibel gegenüber jeder Regung der Menschlichkeit sei. “Wir dürfen uns nicht mit der Vorherrschaft der Logik des Konflikts und der Waffen abfinden.” Die Gebete für den Frieden wolle er an diesem Tag der Fürsprache der Jungfrau Maria anvertrauen.
Der 15. August ist in Italien nicht nur Mariä Himmelfahrt, sondern auch Ferragosto – einer der wichtigsten Feiertage des Landes und Höhepunkt der Sommerzeit. Er wird im großen Stil mit Familie und Freunden am Meer oder in den Bergen gefeiert. Die Städte sind dagegen eher leer; eine Gelegenheit also auch für viele Italiener, den Papst an seiner Sommerresidenz zu besuchen. Gleich mehrfach wünschte ihnen Leo XIV. einen “Frohen Feiertag”, während sie das gut 8.000-Seelen-Städtchen mit “Viva il Papa”- und “Papa Leone”-Sprechchören aus der Augustruhe holten.
Diese wurde einst vom römische Kaiser Augustus erfunden. Er soll bereits im Jahr 18 vor Christus die “Feriae Augusti” eingeführt haben. Die Römer sollten in der heißesten Zeit des Jahres Tage der Erholung genießen. Den Brauch, dass auch das gemeine Volk an Ferragosto aus den Städten hinaus aufs Land fährt, führten vor rund hundert Jahren die italienischen Faschisten ein. Mit ermäßigten Zugtickets sollten die Italiener so die Schönheit ihrer Heimat erkunden.
Seit etwa 400 Jahren zieht es die Päpste um diese Zeit in die Sommerresidenz von Castel Gandolfo. Mit 55 Hektar ist sie größer als der Vatikanstaat am Tiber, und aufgrund ihrer Lage oberhalb des Albaner Sees ist es deutlich kühler als im etwa 30 Kilometer entfernten Rom. Papst Franziskus nahm von dieser Tradition Abstand und ließ den dortigen Papstpalast in ein Museum umbauen. Sein Nachfolger Leo XIV. wohnt darum aktuell in der Villa Barberini, die in den großzügigen Gärten des Anwesens liegt.
Dort verbrachte der gebürtige US-Amerikaner bereits 16 Tage im Juli. Diesmal wird seine Rückkehr in den Vatikan am Dienstag erwartet. Am Sonntag ist ein Gottesdienst mit bedürftigen Menschen in der Marienkirche von Albano geplant. Danach kehrt Leo XIV. für das Mittagsgebet nach Castel Gandolfo zurück. In der Sommerresidenz folgt ein gemeinsames Essen mit rund 100 Menschen, die von der örtlichen Caritas betreut werden. Erneut dürfte es dann mit der Augustruhe vorbei sein.