Feste der Erneuerung

In der aktuellen Ausgabe seiner Kolumne schreibt Bischof Christian Stäblein über Feste und die Ordinationen in den vergangenen Wochen

Von Bischof Christian Stäblein

Es sind Feste. Und dass sie dieses Jahr im sonnigen Mai liegen, unterstreicht das. Es sind Feste, bei denen die Kirche ganz bei sich, aber irgendwie auch ganz außer sich ist. 26 Pfarrerinnen und Pfarrer haben wir in den letzten drei Wochen ordiniert, also in ihren Dienst als Pfarrerin oder Pfarrer eingeführt. Ich kann es auch anders formulieren: 26 Pfarrerinnen und Pfarrer haben laut und deutlich Ja dazu gesagt, ihr Leben lang das Evangelium von Gottes Menschenfreundlichkeit weiter­zutragen. Klar, Organisationen ­er­neuern sich auch, indem sie neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gewinnen. Die Organisation Kirche lebt wesentlich von der großartigen Zahl und dem Einsatz der Ehrenamtlichen – angefangen bei denen, die für die Blumen auf dem Altar sorgen bis zum Präses der Landessynode. In den Menschen lebt und erneuert sich die Kirche. 

Und eben auch dadurch, dass sich Menschen für diesen sogenannten Schlüsselberuf Pfarramt gewinnen lassen. Schlüsselberuf – das kann man modern verstehen und sich in eine Konkurrenzdebatte ­hineinziehen lassen, welcher Beruf in der Kirche der wichtigste sei. Aber wenn nicht von Kompetenz und ­Profil, sondern von Konkurrenz ­ausgegangen wird, ist Erneuerung in der Regel schon zu Ende, bevor sie angefangen hat. Bei dem Stichwort Schlüsselberuf nehme ich lieber die Redeweise vom Amt der Schlüssel wahr – und denke nicht unbedingt an den alten großen Kirchenschlüssel, denn den ersetzt vielerorts die Elektronik. Das älteste Passwort zum Evangelium ist so gesehen: Was ihr vergebt, soll im Himmel vergeben sein, was ihr löst, soll im Himmel ­gelöst sein. 

Also Feste der Erneuerung, wann sonst, wenn nicht im Mai. Kirche bei sich und ganz außer sich – und zwar allerorts, seitdem wir, die Pandemie hat’s zunächst erzwungen, nun ist es gerade so, nicht mehr an einem einzigen Ort ordinieren. Berlin, Görlitz, Potsdam, Neukölln, Spandau. Und im Herbst wieder woanders. Feste der ganzen Kirche eben, aber nicht nur für die Kirche. Das Evangelium, das es weiterzusagen gilt, wird ja nicht nach innen gesprochen. Es will raus, will über Mauern mit uns springen, über Kirchenmauern sowieso. So ist es für mich ein Genuss zu sehen, wie anders jetzt gefeiert wird – in diesem Mai waren die ­sozialen Medien voll mit Klicks und Kommentaren zu den Ordinationen. Digital ist echt keine Mauer, die nächste Generation hat neue ­Schlüssel, keine Bange also. 

Feste sind immer dazu da, sich zu vergegenwärtigen, dass Gott das Leben erneuert. Das ist der Sinn des Festes. Und dazu das Bitten, dass es so bleibe. So sind die Ordinationen in diesem Jahr auch Friedensgedenken gewesen, getragen von der allgegenwärtigen Bitte um ein Ende des ­Krieges, um die Erneuerung des Rechts, um das Flehen, dass Unrecht und Angriff auf die Ukraine nicht das letzte Wort haben. Ich bin ­gewiss, dass 26 neue Pfarrerinnen und ­Pfarrer diese Bitte ständig ­erneuern. Gucken Sie gern bei ihnen vorbei.