Fernweh nach Begegnungen

Stephan Reimers und Nurit Carmel haben mit „Hoffnungsziel Israel“ ein ganz besonderes Buch über Israel geschrieben. Am 4. April findet die Lesung in der Hamburger Hauptkirche St. Jacobi statt.

In Stephan Reimers Reiseführer geht es weniger um die Sehenswürdigkeiten als vielmehr um die Menschen.
In Stephan Reimers Reiseführer geht es weniger um die Sehenswürdigkeiten als vielmehr um die Menschen.epd/Johanna Tyrell

Hamburg. Sie kamen als Diakonissen oder Rabbiner, als Künstler oder Flüchtlinge. Ihre Beweggründe waren ganz unterschiedlich. Doch für alle war Israel ein Hoffnungsziel. Stephan Reimers, ehemaliger Leiter der Evangelischen Akademie, Bevollmächtigter der Evangelischen Kirche in Deutschland und Vorsitzender der Aktion Sühnezeichen, hat nun zusammen mit Nurit Carmel einen ganz besonderen Reiseführer geschrieben. „Hoffnungsziel Israel“. Nurit Carmels Vater war der israelische Historiker und langjähriger Freund von Stephan Reimers, Axel Carmel.

Auch dessen Familie kam Ende der 1930er-Jahre mit der Hoffnung nach Palästina, der zunehmend antisemitischen Gewalt in Deutschland zu entkommen. „Es war klar, dass ich die Arbeit von Axel integrieren möchte“, sagt Reimers. Aber: „Kein Mensch nimmt uns einen weiteren Geschichtsband ab.“ So entstand die Idee, einen Reiseführer über Israel zu schreiben, der zugleich auch eine Hommage an seinen Freund Axel Carmel ist. Besonders den Juden aus dem deutschen Sprachraum widmen Reimers und Carmel viel Raum. Die Jeckes, die deutschsprachigen jüdischen Einwanderer und ihre Nachkommen, sind Forschungsschwerpunkt von Nurit Carmel. Ihr „ „Sabre Deutsch – das Lexikon der Jeckes“ ist in Israel ein Bestseller.

Reimers schöpft aus enormem Wissensfundus

Vom bunten Treiben Jerusalems nehmen die Autoren ihre Leser mit ans Meer nach Tel Aviv und weiter über Haifa und Nahariya an den See Genezareth. Doch „Hoffnungsziel Israel“ ist kein Reiseführer über Steine, sondern auch und ganz besonders über Menschen. Wenn Stephan Reimers über Israel spricht, schöpft er aus einem schier unendlichen Fundus an Wissen, Begegnungen, Anekdoten. Das spiegelt sich auch in „Hoffnungsziel Israel“ wider.

Immer wieder habe seine Verlegerin während des Entstehungsprozesses gefragt: „Ja, und was sieht man nun da?“ Reimers lacht. „Aber so kann ich ja meinen Gedankengang nicht halten, wenn ich ständig beschreibe, was links und rechts zu sehen ist“, sagt er. So habe man einen Kompromiss gefunden. Nun würden am Ende eines jeden Kapitels die jeweils wichtigsten Ziele des beschriebenen Ortes oder der Region noch einmal zusammengefasst.

Der 78-Jährige ist in seinem Leben bisher mehr als 50 Mal in Israel gewesen, hat 20 bis 30 Reisegruppen geführt. „Man lernt besonders über Verständnisschwierigkeiten“, sagt er. Zum Beispiel an der Grabeskirche. Als er das erste Mal dort gewesen sei, habe er sich doch sehr gewundert, dass er innerhalb eines Kirchengebäudes auf der Spitze des Grabhügels Golgatha stehen sollte, erinnert er sich. „Im Johannesevangelium heißt es außerdem, dass der Ort, wo Jesus gekreuzigt wurde außerhalb der Stadt gelegen habe“, sagt Reimers. Er begann zu recherchieren. Und tatsächlich: Dort, wo die heutige Kirche steht, befand sich ursprünglich ein Steinbruch. Akribisch und belegt mit Verweisen auf historische Funde sowie einer Karte mit dem Verlauf der ehemaligen Stadtmauer erklärt Reimers dem Leser, wie Jerusalem sich im Laufe der Jahrtausende verändert hat. Das Wissen Axel Carmels, die Recherchen seiner Tochter Nurit zu den Jeckes sowie die Erfahrungen Reimers‘ als Reiseleiter und Alttestamentler sind in den Band eingeflossen.

Persönliche Geschichten der Menschen, die Israel geprägt haben

Entstanden ist ein besonderer Reiseführer. Da gibt es Spaziergänge, aber auch Gespräche mit Zeitzeugen sowie Exkurse über gesprochenes Jeckisch, die heutige Freiwilligenarbeit in Israel oder die kirchliche Judenfeindschaft. Er erzählt Geschichten und Schicksale von deutschen Familien, die in den 30er-Jahren nach Israel auswanderte. Über das Selbstverständnis, das sie hatten und wie es sich bis in die heutige Generation weiterträgt. Gesprächsaufzeichnungen über die Anfangsjahre als deutsche Siedler in Israel, über Schwierigkeiten und Erfolge. Aber auch über die Frage: Was soll man mit den Cyanid-Pillen machen, die die jüdischen Siedler für den Fall einer missglückten Flucht aus Nazi-Deutschland mitgenommen hatten?

Aus dieser Mischung aus historischem Wissen mit den persönlichen Geschichten der Menschen, die Israel geprägt haben und heute dort leben, ist ein ganz besonderes Buch entstanden. Kein Buch zum Zu- Hause-Bleiben. Es schürt das Fernweh – nicht nur nach Israel, sondern besonders nach Begegnungen.

Am Montag, 4. April, um 18 Uhr stellt Stephan Reimers das Buch „Hoffnungsziel Israel – Deutsche im Heiligen Land“ in der Hamburger Hauptkirche St. Jacobi vor.