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Familienarmut: Eltern am Limit und ohne Lobby

Familien unter Druck: Ein Viertel aller Eltern kämpft mit finanziellen Sorgen. Die Krise der Familien droht zur Krise der Gesellschaft zu werden. Ein Kommentar von Angela Wolf.

Der unsichtbare Kampf: Wie finanzielle Sorgen und fehlende politische Unterstützung Familien in Deutschland überfordern
Der unsichtbare Kampf: Wie finanzielle Sorgen und fehlende politische Unterstützung Familien in Deutschland überfordernImago / Lars Berg

Eltern in Deutschland haben Angst. Sie treibt die Sorge um, dass sie ihre Kinder nicht mehr ausreichend versorgen können. Essen, Kleidung, Miete oder die Ausstattung für die Schule. Die Kosten steigen und setzen Familien unter Druck. In einer Forsa-Umfrage für die Organisation „Save the Children“ gibt ein Viertel der befragten Familien an, nicht mehr sicher zu sein, ob das Geld für die Alltagsbewältigung reicht. Das sind keine Einzelfälle mehr. Familienarmut ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Und das ist ein Skandal.

Armut: Familien kämpfen an vielen Fronten

Vor allem auch deswegen, weil die Familien hierzulande neben den finanziellen Sorgen noch an vielen anderen Fronten kämpfen: mit der Vereinbarkeit von Beruf und Familie, mit dem Mangel an Betreuungsplätzen, mit Schulen, die weder eine Ganztagsbetreuung auf die Beine stellen können noch qualitativ hochwertigen Unterricht anbieten. Weil ihnen die Lehrkräfte fehlen, ist Unterrichtsausfall an der Tagesordnung. Weil ihnen die Gebäude unter den Schulbänken zerfallen, fehlen Fachräume für Physik, Chemie oder Musik.

Anstatt einer umfangreichen Unterstützung erleben Eltern, und allen voran Mütter, eine permanente Überlastung. Ausfälle, ob in der Kita oder in der Schule, fallen auf Eltern zurück, gerade so, als wären Mütter, Väter, Erziehende ein unerschöpflicher Notfallplan für ein familienpolitisches Komplettversagen.

Stimmen von Eltern werden nicht gehört

Und ein politisches Problembewusstsein? Fehlanzeige! Das könnte auch daran liegen, dass Familien in Deutschland keine Lobby haben. Ob Automobilbranche, Pharmakonzerne, Tech-Riesen – sie alle eint eine direkte Verbindung zu den politischen Entscheidern in Berlin. Die Stimme von Eltern will dagegen niemand hören. Sie nervt und ihre Forderungen sind zu komplex für schnelle politische Erfolge und populistische Schlagzeilen.

Unsere Autorin Angela Wolf
Unsere Autorin Angela WolfStudioline

Eltern wünschen sich laut der Forsa-Umfrage vor allem Investitionen in Bildung, Betreuung und eine finanzielle Unterstützung. Ihren Forderungen Nachdruck verleihen können sie allerdings nicht. Weil sie zu müde sind, zu erschöpft. Weil ihr Alltag durchgetaktet ist und keine Zeit für Petitionen, Demonstrationen oder ein politisches Amt bleibt.

Familien werden nicht wahrgenommen

Anders als beispielsweise in skandinavischen Ländern werden Familien in Deutschland nicht als tragfähige Säule dieser Gesellschaft wahrgenommen. Wer allerdings will, dass die Kinder in diesem Land eine Zukunft haben, muss im ersten Schritt ihre Eltern entlasten. Schneller als gedacht könnte sonst die Krise der Familien zur Krise der Gesellschaft werden.