Fallschirmwette eingelöst: Pfarrer springt aus dem Hubschrauber

Am Samstag kam Johannes Huber (63), Pfarrer in Schwabbruck im bayerischen Voralpenland, zum ersten Mal von ganz oben zum Gottesdienst. Huber stürzte sich aus einem Hubschrauber – aus 3.000 Metern Höhe, eine Gewitterfront war schon im Anmarsch. Es galt es eine Wette einzulösen, nachdem sich genug Spender für die Sanierung der Pfarrkirche gefunden hatten. Nach fünf Minuten landete der Priester etwas ruppig, aber sicher mit seinem Begleiter am Fallschirm vor dem gut besetzten örtlichen Sportheim. Bis der Platzregen einsetzte, war noch Zeit für ein Gespräch mit der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) über Himmel und Erde.

KNA: Pfarrer Huber, wie war es denn, mal so über den Dingen zu schweben?

Johannes Huber (lacht): Ich bin gar nicht dazu gekommen, darüber nachzudenken. Die Aussicht ist wunderschön. Und man fühlt sich dann, wenn man dran ist, unwahrscheinlich sicher. Der Pilot hat ja vorher erklärt, was bei der Landung zu tun ist. Da hab ich kurz nachgedacht, ob ich noch alles weiß. Aber der Gurt war ein bisschen zu eng – so habe ich die Füße beim besten Willen nicht weiter hoch gebracht und wir sind auf den Platz gepurzelt.

KNA: Vom Himmel hoch, da komm ich her, heißt ein berühmtes Kirchenlied. Klingt das jetzt für Sie anders?

Huber: Auf alle Fälle müssen wir überlegen, wann und zu welchem Zweck wir das künftig anstimmen. Im Advent, wenn es dann so weit ist, wird es sicher eine andere Bedeutung haben: Hab ich doch schon mal erlebt (lacht).

KNA: Konnten Sie sich gut fallen lassen?

Huber: Der Absprung hat Überwindung gekostet. Auf der anderen Seite: Man ist an der Stelle ganz nah dran am Begleiter. Der sagt aufstehen. Dann steht man auf der Kufe und hat nix vor sich. Aber ich hänge ja ganz massiv an ihm und seiner Stabilität. Und wenn er dann hinter mir aufsteht, fallen wir zusammen nach vorn. Da ging es erst mal kopfüber nach unten, das war überraschend. Ich habe geschrien. Das war ein Tipp, weil man dann leichter wieder atmet. Der Luftzug ist ja gewaltig.

KNA: Petrus hat es spannend gemacht. Fast wäre die Aktion am Wetter gescheitert.

Huber: Ja. Einmal mussten wir es schon verschieben. Heute haben wir einfach gehofft, dass wir eine Lücke kriegen. Ursprünglich sollte der Sprung eine Stunde später sein. Dann haben sie uns gesagt, es kommt eine Gewitterfront, also sind wir früher los. Wir haben Glück gehabt.

KNA: Reinhard Mey singt von der grenzenlosen Freiheit über den Wolken. Haben Sie davon etwas gespürt?

Huber: Ja – das ist so, aber nicht lang. Es gibt da so einen Augenblick, wenn der Fallschirm sich öffnet: Dann geht es nicht mehr so schnell abwärts. Da ist tatsächlich totale Freiheit. Die sagen, man soll den Gurt loslassen und die Hände vom Körper weghalten und das spüren. Man kann die Brille aufmachen. Und die Anspannung von der Beschleunigung löst sich.

KNA: In unseren Breiten befindet sich die Kirche im freien Fall, zumindest statistisch. Haben Sie keine Angst vor einem Totalabsturz?

Huber: Nein.

KNA: Warum nicht?

Huber: Kirche – so wie sie jetzt verfasst ist, ist entstanden. Wir sprechen von Volkskirche. Diese Strukturen brechen auf, weil wir keine geschlossene Gesellschaft mehr sind, sondern eine plurale. Und da hat die Kirche ihren Platz noch nicht gefunden. Manche meinen tatsächlich, sie können immer noch bestimmen, was die Gesellschaft zu tun hat. Ich brauche aber auch keine Wagenburg, wie manche meiner jüngeren Kollegen glauben. Wir sind der heilige Rest, das halte ich für Unsinn. In einer pluralen Gesellschaft müssen wir einfach werben.

KNA: Und dann wächst die Kirche wieder?

Huber: Wegen unserer Aktion heute werden nicht mehr Leute in die Kirche gehen, das nicht. Aber da kommen einige, man lernt sich kennen, man spricht miteinander und das ist auch schon wieder Werbung für uns. Irgendwann wollen die Leute wissen, wofür wir stehen. Und dann entsteht auch Kirche wieder, die bricht nicht zusammen. Die Struktur? Das kann sein. Aber die Kirche als Glaubensgemeinschaft? Das glaube ich nicht. Dafür haben wir viel zu tolle Werte.

KNA: Nämlich?

Huber: Werte wie Liebe, Vertrauen, Güte, Achtsamkeit und, ganz wichtig, Vergebung. Weil: Anderen die Schuld zuschieben, das ist ja, was die sozialen Netzwerke so hervorragend tun – so entsteht Hass. Da sagt das Christentum genau das Gegenteil: Nimm es an, vergib, kümmere dich um die entstandenen Verletzungen.