Fachverband: Wohnungslose brauchen “geschütztes Marktsegment”

Der Evangelische Bundesfachverband Existenzsicherung und Teilhabe fordert, die künftige Wohnungsbaupolitik von Bund und Ländern stärker an den Bedürfnissen wohnungsloser Menschen auszurichten. „Sie sind die auf dem Mietmarkt am meisten diskriminierte Gruppe von Bewerbern um Wohnungen“, sagte Verbandschef Jens Rannenberg dem Evangelischen Pressedienst (epd). Deshalb brauche es für diese Klientel speziell zugeschnittene Ansätze in der Wohnraumförderung und -vermittlung. Selbst ein wieder deutlich erweiterter sozialer Wohnungsbau biete selten passende Lösungen für wohnungslose Menschen, sagte der Vorstand der Dachstiftung Diakonie in Gifhorn.

Die vermehrte Unterbringung von Wohnungslosen in den eigenen vier Wänden nannte der Fachmann ein schwieriges Thema. „Zunächst ist festzuhalten, dass die Bundesregierung an ihrem Ziel, jährlich 400.000 Wohnungen, davon 100.000 Sozialwohnungen zu bauen, deutlich scheitert. Der Bedarf ist vermutlich doppelt so hoch“, sagte Rannenberg. Doch weil Jahr für Jahr bundesweit Zehntausende bezahlbare Wohnungen aus der Sozialbindung herausfielen und der Neubau günstiger Wohnungen stocke, „haben es wohnungslose Menschen noch schwerer, auf dem Markt eine Wohnung zu finden“, sagte Rannenberg.

Nach seinen Angaben haben die meisten Wohnungslosen einen Schufa-Eintrag, der fast immer dazu führe, dass private Vermieter solche Bewerber gar nicht erst anschauten. Ziel müsse es daher sein, deutlich mehr private Vermieter dazu zu bringen, ihre Wohnungen an Menschen zu vermieten, die ohne Bleibe auf der Straße lebten, so Rannenberg.

Helfen dabei würde die sogenannte „Versicherungslösung“. Bei dem Modell, das die in Gifhorn ansässige Dachstiftung Diakonie mit der Versicherung Ecclesia entwickelt hat, werden Eigentümern die Risiken des Mietausfalls in einem bestimmten Zeitraum versichert. „Und abgesichert wird auch das Kostenrisiko einer möglichen Instandhaltung. Das ist das zweite Standbein dieses Modells. Denn es gibt das hartnäckige Vorurteil, dass Wohnungslose aufgrund ihrer oft starken psychischen Belastungen nicht in der Lage seien, ihre Wohnung vernünftig zu nutzen“, so Rannenberg.

Man habe mit diesem Projekt erst in diesem Jahr begonnen. „Aber wir sind sicher, wenn das Konzept bundesweit genutzt würde, ließe sich eine nennenswerte Zahl an privaten Wohnungen für die Zielgruppe der Wohnungslosen erschließen. In der Dachstiftung Diakonie in Gifhorn werden wir rund 70 Wohnungen entsprechend versichern.“