Expertin: So kann man Opfern von häuslicher Gewalt beistehen
Mehr als 256.000 Menschen in Deutschland sind im vergangenen Jahr Opfer häuslicher Gewalt geworden – Tendenz steigend. Solche Fälle mitanzusehen, ist auch für das Umfeld quälend. Eine Psychologin weiß, was man tun kann.
Zeitweise die Kinder betreuen, Informationen zu Beratungsangeboten sammeln, Gespräche anbieten – das können Freunde, Verwandte und Kolleginnen tun, wenn sie den Eindruck haben, jemand erlebe Gewalt in der Partnerschaft. Dazu rät die Geschäftsführerin des Bundesverbandes “Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe – Frauen gegen Gewalt”, Katja Grieger, in der Zeitschrift “Psychologie Heute” (Dezember-Ausgabe). Beratungsstellen seien auch für Angehörige erreichbar, die sich Sorgen machten.
Ein Warnsignal könne es sein, wenn eine Freundin plötzlich nicht mehr zu Treffen komme, merkwürdige Ausreden vorschiebe oder kein Geld mehr ausgebe. Viele Täter isolierten ihre Partnerin, erklärte Grieger. In so einer Situation könne man zum Beispiel offen sagen: “Ich sehe Veränderungen an dir, die mir Sorgen machen. Ich frage mich, ob in deiner Beziehung alles in Ordnung ist.”
Wichtig sei, keinen Druck auszuüben, fügte die Psychologin hinzu. “Viele Frauen schweigen aus Furcht vor dem, was passiert, wenn sie von der Gewalt erzählen. Oft kommt die Frage, warum sie nicht gehen, und dann haben sie das Gefühl, sich rechtfertigen zu müssen.” Viele sorgten sich zudem, dass jemand anderes über ihren Kopf hinweg die Polizei einschalten könnte – was Betroffene von Gewalt oft als weiteren Kontrollverlust erlebten.
Zudem sei es ein Trugschluss zu glauben, dass eine Trennung die Gewalt automatisch beende, warnte Grieger. “Wir erleben immer wieder, wie die Gewalt bei Trennungsversuchen eskaliert.” Sinnvoll sei daher in jedem Fall, Fachleute hinzuzuziehen, die eine Gefährdungseinschätzung vornehmen könnten. “Es ist toll, wenn Freundinnen und Freunde solidarisch sind und helfen. Aber es ist die Verantwortung des Staates, die Frauen zu schützen, indem beispielsweise spezialisierte Schutzmaßnahmen finanziert werden.”