Experten sehen globale Jugend-Psychokrise
Der Weltkongress für Psychosomatik tagt ab 19. September in Tübingen. Welche Krankheiten Sorgen machen, vor allem bei Jugendlichen.
Die vielfältigen Krisen in der Welt gehen offenbar nicht spurlos an jungen Menschen vorbei. Internationale Experten für Psychosomatik sehen eine “globale Jugend-Psychokrise”, wie die Veranstalter des Weltkongresses für Psychosomatik am Donnerstag betonten. Die Tagung findet vom 19. bis 21. September in Tübingen statt.
Weltweite Daten belegten eine starke Zunahme der Zahl von Heranwachsenden mit Essstörungen in Europa, Nordamerika, Asien und Australien seit der Covid-19-Pandemie. “Laut aktuellen Studien sind global bis zu 8,4 Prozent der Frauen im Alter von 18 bis 25 Jahren und bis zu 2,2 Prozent der Männer im selben Alter an einer Essstörung erkrankt”, hieß es. Auch in Deutschland wachse die Zahl der Betroffenen.
Immer mehr Essstörungen
Allerdings sei die Zahl der Menschen mit Essstörungen schon vor der Pandemie gestiegen. Dieser Trend setze sich nun fort. Seit etwa 20 Jahren nähmen weltweit psychische Erkrankungen bei jungen Menschen zu, vor allem in Industrienationen. Ursachen seien “globale Megatrends”, so Patrick McGorry, Kinder- und Jugendpsychiater aus dem australischen Melbourne. Dazu zählten “unregulierte soziale Medien”, aber auch Kriege und der Klimawandel. Diese Entwicklungen führten zu steigendem Stress, Entfremdung und vermehrter Einsamkeit, sagte Kongresspräsident Stephan Zipfel.
Die Kennzeichen einer Essstörung wie Magersucht seien vielschichtig und nicht bei allen Betroffenen in gleicher Weise ausgeprägt. Betroffene könnten in kurzer Zeit extrem viel Gewicht verlieren, sie fühlten sich meist “zu dick und unförmig, auch wenn sie deutlich untergewichtig sind”, sie machten ihr Selbstwertgefühl abhängig von Körpergewicht und Figur, kontrollierten ihr Essen sehr streng, schränkten die Nahrungsaufnahme stark ein, seien in der Regel perfektionistisch und zögen sich sozial zurück.
Beim Weltkongress in Tübingen wollen Experten aus fünf Kontinenten über rund 400 wissenschaftliche Beiträge aus der Psychosomatik diskutieren.