Am Hamburger Tropen-Institut werden seltene Infektionskrankheiten erforscht. Mücken spielten dabei eine immer größere Rolle – auch hierzulande, sagt der Leiter des Bernhard-Nocht-Instituts.
Die Gefahr, dass sich hierzulande Stechmücken ausbreiten, die Viren von bisher exotischen Krankheiten übertragen können, steigt nach Einschätzung eines Forschers durch den Klimawandel. Das sei bei Tigermücken der Fall, die Dengue- oder Chikungunya-Viren übertragen könnten, erklärte Jürgen May, Leiter des Hamburger Bernhard-Nocht-Instituts, am Freitag der Katholischen-Nachrichten-Agentur (KNA). Das Institut, das Tropenkrankheiten erforscht, wird am 1. Oktober 125 Jahre alt.
Klimaveränderungen könnten auch die Übertragung von Viren durch Moskitos ermöglichen, die es bei uns schon gibt. “Mit dem West-Nil-Virus existiert zum Beispiel jetzt im Osten Deutschlands eine Infektionskrankheit, die es vor 2018 noch nicht gegeben hat”, sagte May.
Eine weitere Ausbreitung der Überträgermücken zu verhindern, sei schwierig, sagte May. Längere Sommer, mildere Winter und veränderte Niederschläge schaffen demnach bessere Bedingungen für die Ausbreitung auch in Deutschland. In Südeuropa wird das West-Nil-Virus schon seit langem im Sommer übertragen.
So gibt es in Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Sachsen und Berlin laut Angaben Fälle von West-Nil-Virusinfektionen. Diese werden über verschiedene Stechmücken übertragen, meist durch Wald- und Wiesenmücken. Diese stechen auch Vögel, so dass sich die Krankheit schnell ausbreiten und dann wiederum über Stechmücken auf den Menschen gelangen könne. Eine Infektion mit dem West-Nil-Virus kann demnach zu Erkrankungen von Nerven und Gehirn führen, die auch bleiben können; sehr selten komme es zum Tod.
Die Asiatische Tigermücke übertrage weitere Krankheitserreger, die es bisher in Deutschland nicht gebe, betonte May weiter. Dazu zählen etwa Dengue- und Chikungunya-Viren; beide Krankheiten kommen in Afrika und Asien häufig vor.
Nach Angaben des Europäischen Zentrums für die Prävention und Kontrolle von Krankheiten (ECDC) wurden im laufenden Jahr bislang 27 Chikungunya-Ausbrüche in Europa dokumentiert – so viele wie nie zuvor. 2010 wurden die ersten zwölf Dengue-Fälle in Europa gemeldet, die nicht importiert wurden, sondern lokal entstanden sind. 2024 waren es 304 Fälle.
Bei allen diesen Virusinfektionen, die durch Stechmücken übertragen werden können, entwickelten die meisten Menschen gar keine Symptome, erklärte May. Einige hätten eine fieberhafte Erkrankung, aber ohne Husten und Halsschmerzen wie bei einer normalen Erkältungserkrankung oder Grippe. Zudem könne es kurzfristige Hauterscheinungen geben. Chikungunya sorge für sehr starke Glieder- und Muskelschmerzen; der Name der Krankheit spielt demnach darauf an: Der “gebeugte Mensch” lautet die Übersetzung.
Als Schutz empfiehlt der Mediziner vor allem Mückenschutz wie abwehrende Sprays und in Gegenden, wo diese Erkrankungen sehr häufig sind, Insektennetze, die die Schlafstelle schützen: “Wer nicht gestochen wird, kann sich auch nicht infizieren.”
Alle drei Infektionen, also Dengue, Chicungunya und West-Nil-Virus, seien bisher nicht behandelbar. Allerdings gebe es Impfungen gegen Dengue und auch gegen Chikungunya. “Es ist also zunehmend möglich, sich noch besser zu schützen”, so May.