Experte fordert Reform der Papstwahl
Schon länger kursieren in Rom Gerüchte, der Papst werde die Wahlordnung für das nächste Konklave ändern. Der Kirchenhistoriker Melloni sieht Gefahr im Verzug, wenn alles so bleibt wie bisher.
Vor dem Hintergrund anhaltender Gesundheitsprobleme des Papstes hat der Kirchenhistoriker Alberto Melloni erneut eine Änderung der Wahlordnung für Päpste gefordert. In einem am Montag von der italienischen Zeitschrift „Il Mulino“ online verbreiteten Text schreibt Melloni, eine Reform des Konklave-Ablaufs sei dringend notwendig. Melloni (65) ist einer der bekanntesten Kirchenhistoriker Italiens, er lehrt an der Universität von Bologna.
Mit gezielten Kampagnen sei es heutzutage möglich, die Wahl eines Papstes zu beeinflussen, zumal vor dem Hintergrund des Missbrauchsskandals, erklärte Melloni. Dieser sei zu einem „Schalter“ geworden, mit dem jedes interessierte Lager jeden möglichen Kandidaten zu Fall bringen könnte.
Deshalb müssten Vorkehrungen getroffen werden, damit nicht die Kardinäle durch entsprechende Beschuldigungen gegen einen Kandidaten dazu verleitet würden, einen schlechteren Kandidaten zum Papst zu wählen. Im Zeitalter von Sozialen Medien und Künstlicher Intelligenz sei das Risiko einer von außen mit Informationskampagnen manipulierten Wahl größer denn je.
Die geltende Wahlordnung führe dazu, dass sich in kürzester Zeit Mehrheiten hinter dem Kandidaten zusammenfänden, der in den ersten beiden Wahlgängen zum Favoriten aufsteigt, so der Historiker. Die Papstwahlen von 2005 und 2013 hätten kaum länger als 24 Stunden gedauert. Eine solche Zeit sei viel zu kurz angesichts der drohenden Risiken.
Melloni schlug deshalb vor, die Wahlordnung an zwei entscheidenden Punkten zu ändern: So solle zwischen den Wahlgängen immer ein ganzer Tag zur Reflexion und Diskussion liegen, um den medialen Druck aus dem Konklave herauszunehmen. Ferner solle der am Ende mit Zweidrittelmehrheit Gewählte einen ganzen Tag Zeit bekommen, um durch Überlegung und Beratung zu einer wohl abgewogenen Entscheidung über die Annahme der Wahl zu gelangen.