Experte: Filter Sozialer Medien bergen gesundheitliche Risiken

Hasenohren, Altersfilter, Make-up-Ersatz – ohne Filter kann man sich Soziale Medien kaum vorstellen. Doch Experten warnen: Nicht alle schnell aktivierten Tools sind unbedenklich.

Manche Filter in Sozialen Medien können das Selbstbild junger Menschen stören
Manche Filter in Sozialen Medien können das Selbstbild junger Menschen störenImago / Shotshop

Manche Filter in Sozialen Medien machen einfach nur Spaß: Seltsame Brillen, Hüte oder Tierohren zum Verschönern des eigenen Fotos sind beliebt. Oder man verwandelt sich mittels Filter in ein Renaissance-Bild, bei dem nur die Augen-Partie die eigene bleibt. „Damit kann man sehr kreativ sein“, sagte Michael Wanninger von der Medienpädagogischen Beratungsstelle am Landesmedienzentrum Baden-Württemberg in einem Gespräch der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).

Wanninger berät Eltern und Lehrer zum Thema Medienkonsum. „In den Sozialen Medien geht es darum, sich auszudrücken. Es ist gut, wenn Kinder das mit ihren Eltern zusammen ausprobieren und wenn sie darüber sprechen, wie der Effekt zustande kommt.“ Sie sollen lernen, dass eine Technologie dahinter steckt.

Wenn das Spiegelbild nicht mehr der Selbstwahrnehmung entspricht

Doch es gibt auch andere Filter. Sogenannte Beauty-Filter zeigen Menschen deutlich schöner als sie sind. Das Gesicht wird schmaler, die Haut pickel- und faltenfrei, die Augen größer und betont, die Nase schmaler, die Lippen voller. Besonders bekannt: Der Filter „Bold Glamour“ von TikTok verleiht Nutzerinnen und Nutzern ein strahlendes Make-up.

„Der Vorteil war bei Filtern früher, dass relativ klar war: Das ist nicht die Realität, da wurde was bearbeitet. Das konnte man mit Kindern gut besprechen. Aber Bold Glamour funktioniert auch in Bewegung so gut, dass man nicht merkt, dass die Person in der Realität ganz anders aussieht“, erklärt Wanninger. „Das, was Kim Kardashian mit ihren Operationen macht, das macht dieser Filter. Das finden wir sehr problematisch, weil wir merken, dass das ein Schönheitsideal wird und Kinder die Filter nicht mehr von der Realität unterscheiden können.“

Wer sich viel mit Sozialen Medien beschäftige, bekomme auf diese Weise ein schlechtes Selbstbild, weil man selber tatsächlich anders aussieht. Das könne sogar bis hin zu Essstörungen führen. Eine Analyse der Kaufmännischen Krankenkasse aus dem vergangenen Jahr zeigt einen massiven Anstieg von Essstörungen bei weiblichen Teenagern von 2020 auf 2021 und führt diesen zum Teil auf Beauty-Filter zurück.

Mediziner: Zahl der Gesichtsbehandlungen ist gestiegen

Auch Schönheitschirurgen berichten, dass Menschen mehr so aussehen wollen, wie ihr gefiltertes Social-Media-Bild: Eine Befragung innerhalb der Behandlungsstatistik 2022 der Vereinigung der Deutschen Ästhetisch-Plastischen Chirurgen ergab, dass mit 67 Prozent am häufigsten Patienten ein eigenes Foto mit Beauty-Filter als Vorlage für eine Gesichtsbehandlung mitbrächten. Die Zahl der Gesichtsbehandlungen ist im Vergleich zum Vorjahr um 12,9 Prozent gestiegen.

„Wenn man ganz viel mit dieser Social-Media-Realität in Kontakt kommt und nicht mehr mit der eigenen, dann führt das zu einer gestörten Wahrnehmung und dem Wunsch, anders auszusehen. Weil man denkt: Alle sehen richtig gut aus, nur ich nicht.“ Medienexperte Wanninger rät Eltern, das Thema nicht komplett zu verdammen, sondern gemeinsam mit ihren Kindern die Sozialen Medien und ihre Filter auszuprobieren und darüber zu sprechen. „Wenn Kinder dann älter sind und sich alleine bei Social Media bewegen, dann wissen sie, dass sie zu einem kommen können, wenn sie sich schlecht fühlen oder ihnen irgendetwas dort auffällt.“ Er empfiehlt, Social-Media-Zeiten zu begrenzen, um daneben auch in der realen Welt Erfahrungen zu ermöglichen.

Zudem biete sich ein Gespräch über Schönheitsideale an, auch in der Schule. Früher seien es Topmodels oder Fußballer gewesen, heute seinen es Influencer, deren propagiertem Schönheitsideal die Follower mit Hilfe von Schönheitsfiltern nacheiferten. Wichtig bleibe, Kinder darin zu bestärken, dass sie schön sind, wie sie sind. Dazu können Eltern auf Influencer und Influencerinnen hinweisen, die auf Filter verzichten und ein anderes Schönheitsideal propagieren. Die Hashtags #nofilter oder #facepositivity helfen bei der Suche.