Experte: Biblische Vorstellung der Apokalypse prägt Klima-Debatte

Die Forschung betrachtet die Klimakrise als Prozess. Manche Menschen stellen sich einen Kollaps dagegen eher im spektakulären Hollywood-Stil vor. Eine wichtige Rolle dabei spielt auch die Bibel.

Die Debatte um die Klimakrise ist nach Ansicht des Sozialwissenschaftlers Gerriet Schwen stark von biblischen Vorstellungen geprägt. Dementsprechend betrachteten viele Menschen den Klimakollaps wie “ein Event, das zu einem unvorhersehbaren Zeitpunkt von außen kommt – und dann ist alles vorbei”, sagte Schwen der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) – im Vorfeld des Symposiums “Jenseits von 1,5 Grad – Welche Chancen bietet eine schonungslose Klimakommunikation?”, das am Samstag in Hannover stattfindet.

Diese Vorstellung von einem Ereignis, gegen das man sich ohnehin nicht erwehren könne, habe fatale Folgen, so Schwen weiter: “Dann brauche ich mich letztlich auch nicht vorzubereiten oder damit zu befassen. Das rechtfertigt viel Verdrängung und Irrationalität im Umgang mit möglichen Worst-Case-Szenarien, die durch den Klimawandel bedingt sind und immer wahrscheinlicher werden.”

Im letzten Buch der Bibel, der Offenbarung des Johannes, geht es um eine grundlegende Wandlung der Welt gemäß dem göttlichen Willen. Kriege und Hungersnöte, falsche Propheten und Zerstörung werden als Hinweise auf diese letzten irdischen Tage genannt. Landläufig wird dieses Endzeit-Szenario als Apokalypse bezeichnet.

Die Kirchen sieht Schwen gefragt, ein positives Menschenbild zu stärken: “Menschen sind im Kern hilfsbereite und soziale Wesen. In extremen Situationen schenken sie einander viel Solidarität.” Verbreitet seien jedoch viele negative Erwartungen: “Wenn ich davon ausgehe, dass mein Nachbar mir nur deshalb nicht mein Gemüse aus dem Garten klaut, weil wir uns nächste Woche auch noch verstehen müssen, dann ist es sehr beängstigend, darüber zu sprechen, dass Ressourcen künftig knapper werden könnten.” Wer jedoch auf Zusammenhalt setze, könne die Erfahrung machen, “dass wir zumindest gemeinsam fallen, wenn die Welt, wie wir sie kennen, aus den Fugen fällt.”

Insofern gelte es für die Kirchen, die Nächstenliebe zu betonen und klarzumachen, dass diese sich “nicht nur auf die eigene Partei oder das eigene Land bezieht”. Klimazerstörung bedeute immer auch soziale Ungerechtigkeit, ergänzte Schwen: “Da haben die Kirchen auch historisch betrachtet eine besondere Verantwortung.”