Experte: Banksys minutiös geplante Streetart soll unterhalten
Ein Steinbock, ein Wolf und ein Gorilla, der Zootiere befreit: Insgesamt neun Graffiti des britischen Street-Art-Künstlers Banksy tauchten an neun Tagen hintereinander an Londoner Hauswänden auf. Auch wenn die Werke scheinbar spontan wirkten, würden Ort und Zeitpunkt der Veröffentlichung monatelang minutiös vorbereitet „wie bei einem Banküberfall“, sagte der Heidelberger Streetart-Experte Ulrich Blanché dem Evangelischen Pressedienst (epd): „Banksy macht eine richtige Choreografie daraus.“
Dabei wolle er die Menschen vor allem unterhalten. Indem er von seiner neuesten Serie täglich nur ein Foto auf Instagram veröffentlichte, habe er das Rätselraten bei seinen 13 Millionen Followern und den Medien erhöht, erläuterte Blanché, der Europäische Kunstgeschichte an der Universität Heidelberg lehrt und drei Bücher über den Künstler veröffentlicht hat.
Diese spekulierten tagelang über die Bedeutung der Motive und interpretierten sie ganz unterschiedlich, sagte Blanché, der als Banksy-Experte sogar vom britischen TV-Sender BBC interviewt wurde. Als Zeichen der Authentizität verbreite der weltberühmte Künstler, dessen Identität bis heute unbekannt ist, Fotos seiner Kunst auf Instagram. Ansonsten äußere er sich nicht.
Das letzte Werk der aktuellen Serie war an einem weißen Rolltor des Londoner Zoos aufgetaucht. Es zeigt einen Gorilla, der Tiere aus dem Zoo in die Freiheit entlässt. Damit wolle der Künstler die Menschen in durch Kriege und den Klimawandel krisengeschüttelten Zeiten vor allem aufmuntern und „vielleicht sogar trösten“, so Blanché.
Enthalten sei aber auch eine Kritik an Tiergärten. Banksy sehe sie als Gefängnis für Tiere, auch wenn der Londoner Zoo jetzt mit dem Graffiti werbe. Diese kritische Haltung habe der Künstler bereits vor vielen Jahren gezeigt. Damals sei er in den Zoo eingebrochen und habe heimlich Graffiti an Käfigwände gemalt.
Für den Künstler, von dem man nur weiß, dass er vermutlich 1974 in Bristol geboren wurde, symbolisierten die Tiere immer auch Menschen. Diese seien ebenfalls oft in Situationen gefangen, aus denen sie sich befreien müssten, sagte Blanché, der den Künstler zwar nicht persönlich kennt, aber Kontakt zu dessen Umfeld hat.
Mit dem nächsten Werk sei erst in etwa drei Monaten zu rechnen. Zunächst würden Scouts neue Locations suchen und beobachten, wann dort am wenigsten los sei. Um unerkannt zu bleiben, arbeitete der Künstler mit seinem Team meist nachts. Mit Helm und Maske wie ein Bauarbeiter gekleidet sprühe er seine Graffiti von einem Hubwagen aus, um jederzeit schnell verschwinden zu können. (1846/16.08.2024)